#1

Arzneimittelprüfungen an der Ursubstanz

in Allgemeines zur Homöopathie 06.06.2018 09:45
von Miraculix | 152 Beiträge | 880 Punkte

Zitat von raterz im Beitrag Schlaglichter aus der "Geschichte der Homöopathie"
ich würde trotzdem gerne mal wissen, wie eine kochsalz ur-substanz prüfung aussehen soll. da du ja anscheinend die zeitschrift darüber hast(?) würde ich gerne wissen, was da für einnahme modalitäten vorlagen.


Vorweg einen Überblick über die im folgenden verwendeten Wiener Apothekergewichte:
Ein Medizinalpfund (420 metrische Gramm) = 12 Unzen = 24 Loth = 96 Drachmen = 288 Skrupel = 5760 Gran
1 Gran hat also 0,073g, 1 Skrupel 1,46g, 1 Drachme 4,4g und 1 Unze 35g.


Österreichische Zeitschrift für Homöopathie, Wien, 1848.
Vierter Band. Erstes Heft. S21ff


Unsere Kochsalzversuche am gesunden menschlichen Körper.

I.
Dr. Arneth zeigte gegen die Einwirkung des Kochsalzes eine fast unbedingte Unempfänglichkeit. Er prüfte zuerst durch 3 Wochen die Verdünnungen von der 30. bis zur 1. (je zu 1% und 2 Esslöffel) und nahm dann von dem Rohstoffe 10, 20, 30 Gran u.s.w. bis zu 1 Unze, leztere jedesmal vormittags 11 Uhr in einem Glase Wasser. Ausser unausstehlich salzigem Geschmacke und Brechreize nach den grossen Gaben bemerkte er während der Versuchszeit keine Wirkung; jedoch fast 6 Wochen, nachdem er die lezte Gabe genommen, waren seine Stuhlgänge hart, und hatte er an manchen Tagen gar keine Entleerung.

II.
Dr. Böhm versuchte blos die erste (im Verhältniss von 5 zu 95) bereitete Verreibung des Kochsalzes. Trozdem hat seine Prüfung mehrere karakteristische Kochsalzsymptome aufzuweisen. Er nahm das Mittel jedesmal in mehr weniger Wasser gelöset.
Auf 5 Gran (den 5. Nov.) empfand er, bald nachdem er sie genommen, Drücken in den Schläfen, und durch 1 Stunde floss der Speichel reichlicher im Munde zu. Den folgenden Tag hatte er wenig Esslust, viel Luftaufstossen, Übelkeitsgefühl im Magen, war übel aufgelegt und schlief die Nacht darauf unruhig. Am dritten Tage war er wohl.
10 Gran (d. 8. d. M.) erzeugten bald Luftaufstossen, den nächsten halben Tag salzigen Geschmack des Speichels, Gefühl von Schwäche, ungewöhnlich häufiges Lassen wässrigen Harnes, Stuhldrang, der nach erfolgtem Breistuhle längere Zeit mit Brennen am After anhielt.
20 Gran Cd. 10. d. M.) hatten ganz ähnliche Erscheinungen zur Folge.
Nach 50 Gran (den 16. abends) wurde B. zeitig schläfrig, musste, trozdem dass er fester als gewöhnlich schlief, öfters zum Harnen aufstehen und liess jedesmal viel blassen Harn. Dabei Spannung und Aufgetriebenheit des Bauches, bei Trockenheit des Gaumens vermehrter Durst und häufiges Aufstossen. Der Harndrang verband sich zuweilen mit einem Druck im Mastdarme. Diese Harnscene wiederholte sich die beiden folgenden Nächte.
Auf 80 Gran (den 22. vormittags) folgte bald starkes Speichelziehen, Druck in den Schläfen, häufiges Aufstossen, Übelkeit, schmerzhaftes Zusammenziehen in der Nabelgegend, nach Blähungsabgang erleichtert; zu Mittage wenig Appetit; nach dem Essen Schläfrigkeit, öfterer Drang zum Harnen, wobei jedoch nur wenig Harn abging; nachts häufige Erectionen mit Abgang einer klebrigen Feuchtigkeit, unruhiger Schlaf, viele Träume (wollüstige oder von Geistern). Am andern Morgen war der Prüfer matt, abgeschlagen, übellaunig. Der Stuhl war bereits seit zwei Tagen verstopft –ihm ganz ungewöhnlich.
Dieselben Erscheinungen traten nach einer dreimaligen Gabe von 100 Gr. (den 27. Nov., 5. u. 7. Dec.) ein. Die nun erfolgende breiige Öffnung brachte Erleichterung der Bauchsymptome und ruhigere Nächte.
130 Gran (den 10. Dec. abends) erzeugten Druckschmerz in der Stirn (durch eine halbe Stunde), nach 2 St. Leibweh, heftigen, jedoch vergeblichen Drang zum Stuhle, nachts Kneipen in der Nabelgegend, morgens 2 flüssige Stühle mit Afterbrennen, diesen und den folgenden Tag verdriessliche Gemüthsstimmung, gänzliche Appetitlosigkeit, Abgeschlagenheit der Glieder, fortwährendes Feuchten der Harnröhrenmündung mit Ziehen in den Samensträngen.
Auf 150 Gran, die B. den 12. morgens 1 St. vor dem Frühstücke nahm, bekam er zuerst flüchtigen Ziehschmerz an beiden Seiten des Unterkiefers, eine halbe Stunde später Kneipen in der Nabelgegend mit Stuhldrang, ohne dass jedoch Stuhl erfolgte.
Das Frühstück schmeckte nicht. Vormittags häufiges leeres Aufstossen mit Gefühl von Unbehaglichkeit im Magen. Nach dem Mittagsessen eine breiige pomeranzengelbe Öffnung. Abends Unlust zu geistiger Arbeit. Der Schlaf höchst unruhig, nicht erquickend, durch viele lebhafte unangenehme Träume unterbrochen. Morgens beim Erwachen Gefühl von Müdigkeit und Abgeschlagenheit.
Diese Erscheinungen zeigten sich, nur weniger intensiv, auch durch die zwei folgenden Tage. Durch beide Tage war jedoch der Stuhl verstopft. Die am dritten erfolgende Öffnung war hart und ungenügend.

III.
Dr. Frölich prüfte das Kochsalz an sich und an einem Kaninchen. Wir haben den Versuch an lezterem den Kaninchenversuchen Zlatarovich's angereiht.
Er nahm zuerst vom 24. bis zum 31. März 1843 täglich früh nüchtern 3 Tropfen der 6. Verdünnung, bemerkte jedoch darnach keine krankhaften Erscheinungen. Eben so wenig Erfolg hatte ein zweiter Versuch, bei dem er durch 10 Tage früh nüchtern 10 Gran der 1. (im Verhältnisse von 1 : 10 gemachten) Verreibung mit Wasser nahm.
Einen dritten Versuch begann er damit, dass er am 10. Nov. 1843 früh nüchtern eine Drachme gereinigten Kochsalzes in Wasser aufgelöset trank. Nachmittags stellte sich Vollheitsgefühl im Unterbauche, lebhaftes Gurren in der linken Weiche und häufiger Abgang von Blähungen ein.
Am 11. d. M. nahm er wieder eine Drachme. In der darauffolgenden Nacht hatte er einen lebhaften Traum.
Am 12. d. M. eine Viertelstunde nach dem Einnehmen einer gleichen Gabe: Gefühl von Übelkeit, bald vorübergehend. Nachmittags durch 5 Minuten anhaltendes Stechen, genau dem Punkte entsprechend, wo die Herzspitze anschlägt (vom Athmen unabhängig). Abends vorübergehende Übelkeit mit Vollheits- und Spanmungsgefühl im Unterbauche. In der Nacht lebhafter zusammenhängender Traum. Ein ähnlicher Traum wiederholte sich in der folgenden Nacht, nachdem er abends eine Drachme genommen.
Die Stuhlung bot in diesen Tagen in keiner Hinsicht etwas Bemerkenswerthes.
Am 23. d. M. um 11 Uhr vormittags nahm er wieder eine Drachme. Eine Stunde nach dem mässigen Mittagsmahle bekam er sehr schmerzhafte Stiche in der Herzgegend, durch einige Minuten anhaltend.
Auf die gleiche Gabe am folgenden Tage, den 24. d. M., träumte er in der Nacht sehr lebhaft und zusammenhängend.
Den 25. d. M. 2 Drachmen. – Darauf schmerzhaftes Stechen in der Herzgegend, nach anhaltendem lauten Reden entstehend.
Den 26. u. 27. d. M. kein Medicament und keine Symptome.
Den 28. d. M. wieder zwei Drachmen. Abends beim Gehen auf der Gasse einen heftigen Stich in der Herzgegend, so dass er erschrocken stehen blieb und die schmerzende Stelle instinctmässig mit der Hand drückte.
Den 30. Nov. u. 1. Dec. abermals zwei Drachmen. Die Stuhlungen traten während der Zeit der lezteren Versuche sehr unregelmässig und mit wechselnder Consistenz ein.

Belehrender und für unsere Zwecke brauchbarer als diese Prüfung, bei welcher unser trefflicher Amtsgenosse troz seines rühmlichen und andauernden Prüfungseifers fast leer ausging, sind die Mittheilungen, welche uns derselbe über die physiologischen Wirkungen der Ischler Soole und ihrer Dämpfe macht. Wir bringen sie am Ende dieses Abschnittes.

===

Soweit die Zeitschrift, es folgen etliche weitere Prüfungen mit Dosen von einigen Gran bis hoch zu einer Unze und die erwähnte Prüfung der Sole. Das komplette 1. Heft des 4. Bandes dokumentiert die Kochsalzversuche, das sind 256 Seiten, also definitiv zu viel um sie hier auch nur überblicksweise zu posten.

LG Rainer

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#2

RE: Arzneimittelprüfungen an der Ursubstanz

in Allgemeines zur Homöopathie 06.06.2018 10:02
von raterz | 245 Beiträge | 1360 Punkte

also ich lese da von verdünnungen!
fall 2 ist aufjedenfall eine verreibung in einer C1-C2 potenz.

ich denke fall 3 hat ein bisschen glück, dass er auf die kochsalz sole reagiert. die wenigsten wären dafür warscheinlich empfänglich.


zuletzt bearbeitet 06.06.2018 10:07 | nach oben springen

#3

RE: Arzneimittelprüfungen an der Ursubstanz

in Allgemeines zur Homöopathie 06.06.2018 10:13
von Miraculix | 152 Beiträge | 880 Punkte

ja, es werden natürlich auch (meist sehr niedrige) Potenzen geprüft, aber eben auch die Ursubstanz.
Im Fall II mit 5 auf 95 liegt sie in der Mitte zwischen D1 und C1, auch bei anderen Salzen wäre das wohl die Stärke, die man "in der gewöhnlichen Praxis in Recepten gegen Krankheiten zu brauchen pflegt".


zuletzt bearbeitet 06.06.2018 13:29 | nach oben springen


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