#1

Akut oder chronisch

in Allgemeines zur Homöopathie 28.11.2008 08:56
von Medusa (gelöscht)
avatar

Rhodiola
Neuer User Geschrieben am 17.09.2007 16:31


--------------------------------------------------------------------------------

Hallo zusammen,

vielleicht gab es die Frage ja schonmal. Aber ich hab nichts dazu gefunden.
Wie gehe ich mit einem Patienten um, der eine chronische Krankheit hat und gleichzeit zum "Akutfall" wird. Theoretisch weiß ich, wenn der Akutfall schlimm ist, dann zuerst akut oder die Behandlung von chronischen Leiden unterbrechen und danach mit der Behandlung der chronischen Krankheit weitermachen. So das ist die Theorie. Aber fast jedesmal wenn die Praxis auf mich einstürzt, kann ich das nicht umsetzen. Beispiel:
Kopfverletzungen nach Sturz (Schwellung und Hämatom auf Stirn, Nase und Augen, Schmerzen Hinterkopf und Nacken, Schwindel beim Gehen), es stellt sich heraus, dass der Sturz aufgrund einer durch Kreislaufstörungen bedingten Ohnmacht passiert ist, der Patient an Schlafapnoe leidet und jetzt nicht Einschlafen kann, da ihm jedesmal beim Einschlafen der Atem aussetzt und er davon aufwacht.
Was gehe ich nun zuerst an. Oder gibt es oft ein Mittel, das sowohl Akut- als auch chronischen Fall abdeckt, welches ich finden muss?

Ich bin für jede Antwort sehr dankbar.

LG

Rosa-María

In Antwort auf:
Nun, eine schnelle Antwort von der Arbeit aus.

Nehmen wir mal an ein Patient wird mit seinem Konstitutionsmittel (chronisch)behandelt. Während der Behandlung bekommt er eine Akuterkrankung so gebe ich das Konstitutionsmittel in einer tieferen Potenz. Basta. Kein Zwischenmittel. Manchmal auch nur einen Placebo.
Meist gehört diese "Zwischenerkrankung" zur Feinjustierung oder weist auf einen Mittelwechsel hin. Natürlich nur wenn die neuen Symptome von "bedeutender" Dauer sind.

In Deinem Beispiel, wenn ich das richtig verstehe, würde ich erst einmal die akuten Symptome, die durch den Sturz entstanden sind genauestens abklären. Auch schulmedizinisch!!! Wenn der Sturz eine indirekte Causa hat, dann kannst Du anschließend chronisch behandeln.

Die Sicherheit des Patienten geht immer vor!

Ein Mittel zu finden, was beides abdeckt dürfte bei Deinem Sturzbeispiel nicht einfach sein.
Zudem muss man ja nicht immer die Eierlegende Wollmilchsau finden. In kleinen Schritten geht es meist auch immer zum Ziel.

LG
Frank

In Antwort auf:
Hallo Frank,

vielen Dank für Deine Antwort. Das mit dem Konstitutionsmittel hab ich inzwischen kapiert, da ich das immer am eigenen Leib ausprobieren darf. Es fällt mir nur schwer, wenn da noch kein Konstitutionsmittel gefunden wurde und Akut- und chronischer Fall irgendwie ineinander über zu gehen scheinen. In dem Fall hatte ich mir überlegt, ob die Atemaussetzer Folge des Sturzes sein können oder auf die chronische Krankheit zurückzuführen sind. Da blutige Anfängerin, hab ich Arnica gegeben und den Rest leider dem Arzt überlassen. Hätte Ledum vielleicht gepasst? Oder hab ich das Mittel missverstanden?
Dass ich die Wollmilchsau nicht finden muss, beruhigt mich ungemein ;-), ehrlich. Da ich jedesmal, wenn ich "echte Fälle" habe (d.h. Fälle bei denen ich die Symptome selber erfragen muss)ziemlich frustriert bin.

LG

Rosa-María

In Antwort auf:
Nun, Deine Entscheidung war doch erst einmal gut. Stumpfes Trauma und Arnica passen doch ganz gut. Zudem ist unbedingt sicherzustellen, das die von Dir beschriebenen anderen Symptome nicht Folge des Sturzes sind.
Interessant ist auch warum er oder sie gestürzt ist. Nicht jeder Sturz ist eigene Schusseligkeit... Immer auch an einen Apoplex denken. Auf jeden Fall einige Test machen...Arme hochheben....Sprachprobleme etc.

LG
Frank

In Antwort auf:
Hallo Rosa-Maria

Ich bin wohl kein Behandler (Amateur + Fan), doch Deinen Hinweis auf die Atemaussetzer während des Schlafens, haben ja einige AMB in der MM.
Daher gilt es meiner Meinung nach abzuklären, ob dies eine direkte Folge des Sturzes ist oder wie Vithoulkas und Risch geschrieben haben, die Lebenskraft in akuten Fällen oftmals direkte Hinweise auf das chronische Mittel gibt, da sie bei Akutfällen unverfälscht ihr "Gesicht" zeigt.

LG Günther

In Antwort auf:
Hallo Ihr,

ich möchte hier Frank ausnahmsweise mal entschieden widersprechen. Ich würde nie bei einer akuten Krankheit eine Tiefpotenz des Konstitutionsmittels geben. Ich halte das sogar für einen Kunstfehler.
In der Regel wird die chronische Krankheit nämlich von der (monentan stärkeren) akuten Krankheit überlagert (Hahnemann spricht von "suspendirt"), so daß vorübergehend die Symptome der chronischen Krankheit zurücktreten und erst nach Abklingen der akuten Krankheit wieder zum Vorschein kommen. In solchen Fällen darf man nur die akute Krankheit behandeln, und die Behandlung der chronischen Krankheit wird erst nach Abklingen der akuten Symptome fortgesetzt.

Wie immer, empfiehlt sich ein Blick auf den alten Meister Hahnemann, und zwar in den §§ 38 - 40 Organon.
Ich zitiere hier mal nur den § 38 "zum Anfüttern" (Hervorhebungen sind von mir):

"Oder die neue unähnliche Krankheit ist stärker. Hier wird die, woran der Kranke bisher litt, als die schwächere, von der stärkern hinzutretenden Krankheit so lange aufgeschoben und suspendirt, bis die neue wieder verflossen oder geheilt ist, dann kommt die alte ungeheilt wieder hervor. Zwei mit einer Art Fallsucht behandelte Kinder blieben nach Ansteckung mit dem Grindkopfe (tinea) von epileptischen Anfällen frei; sobald aber der Kopfausschlag wieder verging, war die Fallsucht eben so wieder da, wie zuvor, nach Tulpius (67) Beobachtung. Die Krätze, wie Schöpf sah (68), verschwand, als der Scharbock eintrat, kam aber nach Heilung desselben wieder zum Vorscheine. So stand die geschwürige Lungensucht still, wie der Kranke von einem heftigem Typhus ergriffen ward, ging aber nach dessen Verlaufe wieder ihren Gang fort (69). -Tritt eine Manie zur Lungensucht, so wird diese mit allen ihren Symptomen von ersterer hinweg genommen; vergeht aber der Wahnsinn, so kehrt die Lungensucht gleich zurück und tödtet (70). - Wenn die Masern und Menschenpocken zugleich herrschen und beide dasselbe Kind angesteckt haben, so werden gewöhnlich die ausgebrochenen Masern von den etwas später hervorbrechenden Menschenpocken in ihrem Verlaufe aufgehalten, den sie nicht eher wieder fortsetzen, bis die Kindblattern abgeheilt sind; - doch wurden nicht selten auch die nach der Einimpfung ausgebrochenen Menschenpocken von den indeß hervorkommenden Masern vier Tage lang suspendirt, wie Manget (71) bemerkte, nach deren Abschuppung die Pocken dann ihren Lauf bis zu Ende fortsetzten. Auch wenn der Impfstich von Menschenpocken schon sechs Tage gehaftet hatte, und die Masern nun ausbrachen, stand die Impf-Entzündung still, und die Pocken brachen nicht eher aus, bis die Masern ihren siebentägigen Verlauf vollendet hatten (72). Den vierten oder fünften Tag nach ei ngeimpften Menschenpocken brachen bei einer Maser-Epidemie bei Vielen die Masern aus, und verhinderten den Pockenausbruch, bis sie selbst vollkommen verlaufen waren, dann kamen erst die Pocken hervor und verliefen gut (73). Das wahre, glatte, rothlaufartige, Sydenhamische (74) Scharlachfieber mit Hals-Bräune ward am vierten Tage durch den Ausbruch der Kuhpocke gehemmt, welche völlig bis zu Ende verlief, wonach dann erst das Scharlachfieber sich wieder einstellte; so ward aber auch, da beide von gleicher Stä rke zu sein scheinen, die Kuhpocke am achten Tage von dem ausbrechenden wahren, glatten, Sydenhamischen Scharlachfieber suspendirt, und der rothe Hof jener verschwand, bis das Scharlachfieber vorüber war, worauf die Kuhpocke sogleich ihren Weg bis zu Ende fortsetzte (75). Die Masern suspendirten die Kuhpocke; am achten Tage, da die Kuhpocken ihrer Vollkommenheit nahe waren, brachen die Masern aus, die Kuhpocken standen nun still, und erst als die Masern sich abschuppten, gingen die Kuhpocken wieder ihren Gang bis zur Vollendung, so daß sie den sechszehnten Tag aussahen, wie sonst am zehnten, wie Kortum beobachtete (76). Auch bei schon ausgebrochenen Masern schlug die Kuhpockenimpfung noch an, machte aber ihren Verlauf erst, da die Masern vorbei waren, wie ebenfalls Kortun bezeugt (77) .
Ich selbst sah einen Bauerwezel (angina parotidea, Mumps, Ziegenpeter, Tölpel) sogleich verschwinden, als die Schutzpockenimpfung gehaftet hatte und sich ihrer Vollkommenheit näherte; erst nach völligem Verlaufe der Kuhpocke und der Verschwindung ihres rothen Hofs trat diese fieberhafte Ohr- und Unterkiefer-Drüsengeschwulst von eignem Miasm (der Bauerwezel) wieder hervor und durchging ihre siebentägige Verlaufzeit.
Und so suspendiren sich alle, einander unähnliche Krankheiten, die stärkere die schwächere (wo sie sich nicht, wie bei acuten selten geschieht, compliciren), heilen einander aber nie."

LG
Thomas

In Antwort auf:
Hallo,

erst einmal vielen Dank an Euch. Das mit dem Konstitutionsmittel, welches, wenn richtig gewählt, auch bei akuten Erkrankungen helfen soll, ist also auch noch so kontrovers diskutiertes Thema, oder? Mein Homöopath sagte irgenwie etwas von nur unterbrechen, wenn Konstitutionsmittel nicht wirkt. Ich hab im Akutfall die nächst höhere Potenz erhalten.
Das was Thomas sagt, erlebe ich auch selber. Bin Allergikerin aber bei einer akuten Erkrankung habe ich nie die Beschwerden der Allergie. Habe es bei anderen Menschen aber schon anders erlebt. Irgendwie verstehe ich jetzt glaube ich gar nichts mehr.
Aber man hat mir gesagt, dass das während der Ausbildung öfter vorkommen soll ;-)-
LG
Rosa-María

In Antwort auf:
Hallo Rosa-Marie

tja, wenn das mit der Hom. so einfach wäre, dann könnte das ja jeder...
Und wenn sich da schon "die Grossen" drüber streiten....

LG Marion

In Antwort auf:
Hallo zusammen,

zunächst vielen Dank für den Titel "Grosser", was sich bestimmt nur auf meine körperliche Größe bezogen hat.

Nun, ich kann Thomas, auch nach einer Zitierung von Hahnemann, nicht ganz zustimmen. Ich denke es geht hier um die Begrifflichkeit der akuten Erkrankung. Unter einer akuten Erkrankung verstehe ich in meinem Beispiel ein Gastspiel eines Schnupfens, einer generellen Erkältung, Verstimmung. Dann, aber auch nur dann gebe ich das Konstitutionsmittel in tieferer Potenz (nicht in Tiefstopotenzen) als zuvor gegeben. Bisher bin ich damit immer erfolgreich gewesen. Wenn sich tatsächlich ein zweites "Agens" einstellt und das andere in den Hintergrund tritt, dann ist das ein ganz anderes Thema. Ich denke das es das ist was was Hahnemann beschrieben hat. Beschreibungen über alternierende Erkrankungen finden sich ja auch zur genüge in unseren Repertorien.

LG
Frank

In Antwort auf:
Dann will ich mal auch meinen Senf dazugeben:
Wenn der Patient bereits chronisch behandelt wird, und es kommt was Akutes dazwischen, würde ich das zu den akuten Symptomen passende Mittel geben. Das kann auch das chronische Mittel sein, falls sich nämlich charakteristische Symptome des chronischen Mittels auch im akuten Zustand deutlich erkennen lassen. Das gibt es.

Oder man gibt gar nichts und verläßt sich zunächst auf die Selbstheilungskräfte des Körpers, die ja eigentlich - hoffentlich - durch das vorher gegebene tiefenwirksame Mittel sowieso schon gestärkt sind.

Ich bin überzeugt, wenn ich nach meinem Fahrradunfall kein Arnica genommen hätte, wäre alles viel schneller geheilt.
LG ilse

In Antwort auf:
Hallo,

ich sehe jetzt drei Vorgehensweisen, die sich scheinbar alle von der Lehre Hahnemanns ableiten lassen. Kann es sein, dass es auch drauf ankommt, dass die Methode nach der man vorgeht, zu einem selbst passen sollte. Dann kann man mit ihr umgehen und kommt am weitesten. Der Gedanke kam mir schon gestern, als ich mich bei euren älteren Beiträgen umgesehen habe. Wäre doch schön, dann könnten alle ihre Vorgehensweisen vorstellen und es gäbe keinen Richtungsstreit mehr ;-)))

LG

Rosa-María

In Antwort auf:
Hallo Rosa-Maria,

es gibt keinen Richtungsstreit, höchstens andere Vorgehensweisen.

Die Methode (Vorgehensweise) sollt nicht zum Behandler sondern zum Patienten und seinen "gesamten" Symptomen passen.

LG
Frank

In Antwort auf:
Hallo Frank,

verzeihe mir das Wort Richtungsstreit. Es ist im Sinne "und meine Vorgehensweise ist die Richtige" gemeint und ich habe auch dabei nicht an das Forum hier gedacht, sondern an die Großen wie Vithoulkas, Mangialavori, Sankaran, etc. Natürlich muss die Vorgehensweise unbedingt zum Patienten und seinen gesamten Symptomen passen. Aber was ich meinte ist: ich habe als Anfänger Bücher dieser Homöopathen gelesen. Sie berufen sich alle auf Hahnemann und nennen sich klassische Homöopathen (oder?), ich habe bei allen gedacht, natürlich der hat Recht und Erfolg hat er auch und jetzt soll ich im Nachhinein herausfinden welche Methode die Richtige ist. Ist es da nicht menschlich zu denken, die die am besten zu mir passt, sprich die mit der ich am besten umgehen kann?

Ich mache mir da ehrlich meine Gedanken und das war jetzt nicht bloß so dahingeschrieben. Wenn das der falsche Ort ist, könnt ihr mir das gerne sagen (bin glaube ich etwas empfindlich heute)

LG
Rosa-María

In Antwort auf:
Ich glaube, daß wir z. T. aneinander vorbeigeredet haben. Der Übersichtlichkeit halbe bilde ich mal folgende Fallgruppen:
- Chronische Erkrankung, die mit einem Konstitutionsmittel behandelt wird + akute Erkrankung, die auch vom Konstitutionsmittel abgedeckt wird: Natürlich das Konstitutionsmittel. Gleiches gilt natürlich für subakute Schübe einer chronisch rezidivierenden Erkrankung, die durch das Konstitutionsmittel abgedeckt wird.
- Chronische Erkrankung, die mit einem Konstitutionsmittel behandelt wird + unbedeutende akute Erkrankung, die eigentlich nicht speziell behandlungsbedüftig ist (Ilses Fall): Entweder Konstitutionsmittel in tiefer Potenz (Frank) oder gar nichts (Ilse).
- Chronische Erkrankung + schwere, behandlungsbedürftige akute Erkrankung, die Symptome zeigt, die durch das Konstitutionsmittel nicht abgedeckt werden und daher zwingend ein neues Mittel fordert (meine Vorstellung und worüber Hahnemann in dem von mir zitierten Text schreibt): Nur Behandlung der akuten Erkrankung mit dem passenden Akutmittel, völlig ohne Berücksichtigung der chronischen Erkrankung und des auf diese gestützten Konstitutionsmittels.
Alles klar?
LG
Thomas

In Antwort auf:
Ich habe hier nur mitgelesen, finde die Erklärung aber super verständlich. Danke Thomas und schönen Urlaub noch.

LG Christa

In Antwort auf:
Oh ja, Christa, das hat er sehr gut erklärt. Finde ich auch

LG
Ulla

In Antwort auf:
Hallo,

ich möchte mich Christa und Ulla anschließen. Vielen Dank Thomas.

LG

Rosa-María


nach oben springen


Ähnliche Themen Antworten/Neu Letzter Beitrag⁄Zugriffe
Chronische und akute Mittel
Erstellt im Forum Allgemeines zur Homöopathie von evapierron
27 13.01.2012 18:20goto
von AnnaZenz • Zugriffe: 2762

Besucher
0 Mitglieder und 1 Gast sind Online

Besucherzähler
Heute waren 64 Gäste , gestern 92 Gäste online

Forum Statistiken
Das Forum hat 2538 Themen und 17211 Beiträge.

Heute waren 0 Mitglieder Online: