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Wird die Lancet Studie von 2005 nun doch widerlegt?

in Allgemeines zur Homöopathie 21.10.2010 09:48
von Frank • Administrator | 1.761 Beiträge | 2033 Punkte

Diese Studie wiederlegte damals die Wirksamkeit der Homöopathie und viele Gegner der sanften Heilkunst stützten sich in ihrer Argumentation immer wieder auf diese Studie. Vielen Homöopathen war schon damals klar das diese Studie manipuliert war. Eine Beweisführung schien wohl schwierig. Von dem Thema hörte man nicht mehr viel.

Doch nun dies:

Schnipp---

Die Meta-Analyse des Lancet 2005 dokumentiert, nach Korrektur der statistischen Fehler, die Wirksamkeit der Homöopathie
Ein Artikel von Dr. med. Friedrich Dellmour, Tribuswinkel
ÖGHM – Homöopathie in Österreich

Im August 2005 hat The Lancet ein Editorial mit dem Titel „The End of Homeopathy“ auf Basis der in derselben Ausgabe publizierten Meta-Analyse von Shang et al. [1] und der darin behaupteten vernichtenden Ergebnisse für die Homöopathie herausgebracht.

Zwar zeigte die Originalarbeit sowohl für die 110 untersuchten Homöopathie-Studien als auch die 110 schulmedizinische Studien eine deutliche Wirksamkeit (!), aber dieses für die Homöopathie sehr erfreuliche Ergebnis wurde durch die Studienautoren ins Gegenteil verkehrt [2, 3]. Die 220 Studien wurden nachträglich auf 6 schulmedizinische Studien und 8 homöopathische Studien reduziert und auf Basis dieser 14 in der Originalarbeit nicht (!) genannten Studien und unter Weglassung vieler positiver Studien fanden die Autoren ihre vorformulierte Annahme (!) bestätigt, dass die klinischen Wirkungen der Homöopathie unspezifische Placebo-Effekte oder Kontext-Effekte seien.

Das österreichische Nachrichtenmagazin Profil hat die Lancet-Publikation zum Anlass genommen, in einem ungenügend recherchierten und sehr polemischen Artikel unter der Titelseite „Homöopathie – Der große Bluff. Alle seriösen Studien beweisen die Wirkungslosigkeit der alternativen Therapie“ „Das Ende der Homöopathie“ auszurufen und auf die gesamte Alternativmedizin auszuweiten [4].

Das Pikante an der Lancet-Publikation war jedoch, dass die Meta-Analyse des Schweizer Sozial- und Präventivmediziners Matthias Egger keine Einzelarbeit war. Die Meta-Analyse war Teil des von der Schweizer Regierung in Auftrag gegebenen „Programms zur Evaluation der Komplementärmedizin“ (PEK), um den medizinischen Nutzen und die Sicherheit komplementärmedizinischer Methoden zu untersuchen und die weitere Kostenerstattung der provisorisch in die Grundversicherung aufgenommenen komplementären Therapiemethoden zu entscheiden.

Dieses PEK-Programm hatte in einem systematischen Review randomisierter Studien ausnahmslos positive Ergebnisse für die Homöopathie gefunden! Die PEK-Kommission bestätigte der Homöopathie stärkere Besserungsraten, geringere Nebenwirkungen, weniger Spitalsaufenthalte und dass die homöopathische Behandlung kostengünstiger ist als die konventionelle Behandlung. Der positive (!) Schlussbericht der PEK-Kommission [5] wies sogar darauf hin, dass die Meta-Analyse als Teil des PEK-Programms nur „eingeschränkt gültig“ und „problematisch“ sei und warnte vor dem methodischen „Zusammenwerfen“ der verschiedenen Studien und dass „die Schlussfolgerung der Meta-Analyse im Gegensatz zu der des Bewertungsberichtes steht“ und die Ergebnisse „aufgrund grundlegender methodischer Probleme zurückhaltend interpretiert werden sollten.“

Genau das haben Lancet und Profil nicht beachtet! Die Lancet-Autoren brachten ihre Voreingenommenheit sogar deutlich zum Ausdruck: “We assumed that the effects observed in placebo-controlled trials of homoeopathy could be explained by a combination of methodological deficiencies and biased reporting. Conversely, we postulated that the same bias could not explain the effects observed in comparable placebo-controlled trials of conventional medicine. Our results confirm these hypotheses … provide support for the hypothesis that the clinical effects of homoeopathy, but not those of conventional medicine, are unspecific placebo or context effects.” Und auch das Lancet-Editorial verschwieg die positiven Ergebnisse des PEK-Programms und bezeichnete die Streichung der Homöopathie aus dem Schweizer Gesundheitssystem mit der unwahren Begründung „because they did not meet efficacy and cost-effectiveness criteria“ als „sign of enlightenment“.

Diese beispiellose Verdrehung der Tatsachen führte zu einer Fülle an internationalen Reaktionen. Das Europäische Committee for Homeopathy (ECH) veröffentlichte am 23. Dezember 2005 die authorisierte Liste der 8 Homöopathie-Studien, die in der Meta-Analyse zur Beurteilung der Homöopathie im Vergleich mit schulmedizinischen Studien verwendet wurden [6]:

Jacobs J, Jiménez LM, Malthouse S, et al: Homeopathic treatment of acute childhood diarrhea: results from a clinical trial in Nepal. J Altern Complement Med 2000; 6: 131–39.

Labrecque M, Audet D, Latulippe LG, Drouin J: Homeopathic treatment of plantar warts. Can Med Assoc J 1992; 146: 1749–53.

Papp R, Schuback G, Beck E, et al: Oscillococcinum® in patients with influenza-like syndromes: a placebocontrolled double-blind evaluation. Br Homeopath J 1998; 87: 69–76.

Rottey EED, Verleye GB, Liagre RLP. Het effect van een homeopathische bereiding van micro-organismen bij de preventie van griepsymptomen: een gerandomiseerd dubbel-blind onderzoek in de huisartspraktijk. Tijdschr Int Geneeskunde 1995; 11: 54–58.

Schmidt JM, Ostermayr B: Does a homeopathic ultramolecular dilution of Thyroidinum 30CH affect the rate of body weight reduction in fasting patients? A randomised placebo-controlled double-blind clinical trial. Homeopathy 2002; 91: 197–206.

Vickers AJ, Fisher P, Smith C, Wyllie SE, Rees R: Homeopathic Arnica 30X (30D) is ineffective for muscle soreness after long- distance running: a randomized, double-blind, placebo-controlled trial. Clin J Pain 1998; 14: 227–31.

Walach H, Haeusler W, Lowes T, Mussbach D, Schamell U, Springer W et al: Classical homeopathic treatment of chronic headaches. Cephalalgia 1997; 17: 119–26.

Weiser M, Clasen BPE: Randomisierte plazebokontrollierte Doppelblindstudie zur Untersuchung der klinischen Wirksamkeit der homöopathischen Euphorbium compositum-Nasentropfen S bei chronischer Sinusitis. Forsch Komplementärmed 1994; 1: 251–59.

Abgesehen davon, dass die Auswahlkriterien für diese wenigen Studien nicht offen gelegt wurden und die Autoren nicht erklärten, warum sie mehrere positive Studien über die homöopathische Behandlung von Infekten des oberen Respirationstraktes (URTI) aus der Meta-Analyse ausgeschlossen hatten, zeigte die Studienliste, dass die Hypothese der Studienautoren, der Herausgeber des Lancet und der Journalisten des Profil, dass die Homöopathie eine Placebo-Wirkung sei, nur auf 4 positiven Studien bei kindlicher Diarrhoe, grippalen Symptomen, Grippe-Prophylaxe und chronischer Sinusitis und 4 negativen Studien bei Plantarwarzen, Gewichtsreduktion beim Fasten, Muskelkater bei Langstreckenläufern und chronischen Kopfschmerzen beruhte:

Die 4 positiven Studien

Studie n Indikation Studienmedikation
Jacobs J et al
(2000) 126 Kindliche Diarrhoe
Individuelle homöopathische Behandlung
Papp R et al
(1998) 372 Grippale Symptome Oscillococcinum: Anas barbariae
hepatis et cordis extractum 200K
Rottey EED et al
(1995) * 501 Grippe-Prophylaxe Komplexmittel: Influenzinum 200 K,
Klebsiella pneumoniae 200 K,
Branhamella catarrhalis 200 K,
Micrococcus tetragenes 200 K
Weiser M et al
(1994) 104 Chronische Sinusitis Komplexmittel: Vincetoxicum D4,
Argentum nitricum D10, Echinacea D6,
Euphorbium D6, Hepar sulphuris D10,
Luffa D6, Pulsatilla D2, Sulphur D6
* NICHT in Medline indexiert und in keine bisherige Meta-Analyse eingeschlossen.

Die 4 negativen Studien

Studie n Indikation Studienmedikation
Labrecque M et al
(1992) 174 Plantarwarzen Kombination: Thuya C30,
Antimonium crudum C7,
Acidum nitricum C7
Schmidt JM et al
(2002) 208 Gewichtsreduktion beim Fasten Thyroidinum C30
Vickers AJ et al
(1998) 519 Muskelkater nach Langstreckenlauf Arnica D30
Walach H et al
(1997) 101 Chronische Kopfschmerzen Individuelle homöopathische
Behandlung
Diese Studienauswahl enthielt eine einzige aus homöopathischer Sicht verwertbare Studie (Jacobs 2000, individuelle homöopathische Behandlung bei kindlicher Diarrhoe), die ein positives Ergebnis ergeben hatte. Die zweite, negative Studie mit individueller Behandlung (Walach 1997; „Münchener Kopfschmerzstudie“) war aufgrund eines völlig unpassenden Patientenkollektives und zahlreicher schwerer methodischer Mängel in der Studienplanung und Auswertung „faktisch unbrauchbar“ [7] und hätte nach Korrektur der darin enthaltenen Artefakte zu einem signifikant positiven Ergebnis geführt!

Somit war in der Studienauswahl der Lancet-Autoren eine einzige Homöopathie-Studie enthalten, die den Prinzipien der Homöopathie entsprach und diese Studie hatte zu einem positiven Ergebnis geführt! Die drei weiteren, positiven Studien betrafen Komplexmittel, Nosoden-Therapie und Prophylaxe und die drei weiteren, negativen Studien betrafen die fragwürdige indikative Anwendung homöopathischer Arzneimittel sowie Komplexmittel und hatten damit keine „externe Validität“ zur Beurteilung der „Wirksamkeit der Homöopathie“!

Daraus sieht man, dass die Auswahl geeigneter Studien nicht nur anhand statistischer Evidenzkriterien erfolgen darf, sondern primär darauf achten muss, ob das Studiendesign den Prinzipien der Homöopathie entspricht! Dies deshalb, da das für pharmakologisch wirkende Arzneimittel entwickelte Modell der Doppelblindstudien für die autoregulatorisch wirkenden homöopathischen Arzneimittel und die Prinzipien der Klassischen Homöopathie unter klinisch-pharmakologischen Bedingungen nicht [3] oder und nur mit sehr sorgfältig geplantem Design [7] geeignet ist, die Wirksamkeit der Homöopathie zu untersuchen.



Kritik an der Meta-Analyse des Lancet
Die Hauptkritikpunkte an der Meta-Analyse waren demnach die nachträgliche Reduktion auf 14 Studien, die im Studiendesign nicht vorgesehen war und deren Auswahlkriterien nicht genannt wurden, wodurch die Paarbildung der ursprünglich gematchten Studien verloren ging und die homöopathischen und konventionellen Studien nicht mehr vergleichbar waren. Lancet hat damit den Sinn der Meta-Analyse ins Gegenteil verkehrt. Meta-Analysen dienen dazu, die vorhandene Literatur nach einheitlichen Kriterien zu bewerten. Genau das ist nicht erfolgt: es wurde die vorhandene Literatur nicht untersucht, indem hochwertige Arbeiten nicht aufgenommen und 93% der eingeschlossenen Studien durch nachträgliche Selektion wieder ausgeschlossen wurden.

Weitere Kritikpunkte waren die Diskriminierung und Asymmetrie bei der Studienauswahl, die fehlende Vergleichbarkeit der homöopathischen und konventionellen Gruppen und Studien, fehlende Intent-to-treat- und multivariate Analysen, fehlende Power-Angaben der Ergebnisse und die nicht nachvollziehbare Funnel-Plot-Methode. Dazu kommt, dass die Meta-Analyse aus medizinischen und statistischen Gründen die Hypothese, dass die nachgewiesenen (!) Wirkungen doch durch Homöopathie erzielt worden sind, nicht widerlegen kann. Die Schlussfolgerungen der Autoren entbehren daher jeglicher Grundlage.

Aufgrund dieser gravierenden Mängel reichten die ersten Kommentare der Meta-Analyse von „Fascinating lesson on bias“ (David Reilly) bis zu „Verfall und Pervertierung biomedizinischer Statistik“ (Mikel Aickin). Der Schweizerische Verein Homöopathischer Ärztinnen und Ärzte (SVHA) veröffentlichte im November 2005 einen offenen Brief an den Herausgeber des Lancet [8], in dem er die sehr geringe homöopathische Qualität der ausgewählten Studien und fehlende externe Validität und praktische Signifikanz der Arbeit beklagte. Kein einziger qualifizierter Homöopath würde auch nur einen Patienten nach den Kriterien der ausgewählten 110 Studien behandeln! Die Ergebnisse stehen außerdem im Widerspruch zu den vorhandenen Meta-Analysen und großen Reviews und sind unhaltbar. Die Lancet-Publikation ist intransparent und unvollständig und verstößt damit gegen die international anerkannten Regeln der Cochrane Collaboration!

Danach erschienen auch im Lancet ausführliche Leserbriefe [9] und das Mitglied des PEK-Lenkungsausschusses Peter Heusser hielt am 9. Dezember 2005 an der Universität Bern im Rahmen der Ringvorlesung „Medizin und Macht“ die Vorlesung „Medizin und Macht am Beispiel der Programm Evaluation Komplementärmedizin PEK“, in der die gesundheitspolitischen Hintergründe der Meta-Analyse des Lancet aufgezeigt wurden [10]. Der Schweizer Bundesrat hatte demnach beschlossen, die Komplementärmedizin aus dem Grundversorgungskatalog der Krankenversicherung zu streichen. Zuvor hatte das Schweizer Bundesamt für Gesundheit eine Untersuchung in Auftrag gegeben, um den Stellenwert der Komplementärmedizin im Schweizer Krankenversicherungssystem zu evaluieren. Diese Programm Evaluation Komplementärmedizin (PEK) hatte in einem systematischen Review ausnahmslos positive Ergebnisse für die Homöopathie gefunden! Die Schweizer Behörden waren darüber jedoch nicht erfreut. Der Vorbericht und die Empfehlung der Kommission, die Homöopathie in der Krankenversicherung zu belassen, wurden verworfen und im Juni 2005 wurde die Komplementärmedizin und Homöopathie aus dem Grundversorgungskatalog der Krankenversicherung gestrichen.



HTA-Report des PEK-Programmes belegt die Wirksamkeit und Wirkung der Homöopathie
Gudrun Bornhöft und Peter F. Matthiessen haben den vollständigen HTA-Bericht, den die Schweizer Regierung in Auftrag gegeben hatte, 2006 als Buch veröffentlicht [11]. Damit liegt erstmals ein HTA-Bericht zur Homöopathie vor. Ein HTA-Bericht (Health Technology Assessment) ist die höchste Stufe der Evidence Based Medicine zur Beurteilung der Wirksamkeit, Sicherheit und Kosten einer medizinischen Therapiemethode und hat mehr Aussagekraft als Reviews und klinische Studien.

Mit dem HTA-Bericht haben die Autoren das bisher umfassendste Grundlagenwerk zum Stand der wissenschaftlichen Forschung in der Homöopathie veröffentlicht. Das Werk enthält Einführungen in die Homöopathie, homöopathische Arzneimittel, den homöopathischen Krankheitsbegriff, Indikationen und Grenzen der Homöopathie und gibt einen Überblick über die Studienlage und Problematik randomisierter Studien, Bias und Meta-Analysen.

Ziele des HTA-Berichtes waren es, die Art und Menge der wissenschaftlichen Publikationen, den Stand der präklinischen Forschung, die Wirksamkeit auf Grundlage systematischer Reviews und Meta-Analysen sowie die Sicherheit und Wirtschaftlichkeit der Homöopathie zu erfassen. Die methodische Vorgangsweise des HTA war eine Internetrecherche in 22 (!) medizinischen Datenbanken und hat zu 107 auswertbaren Titeln geführt. Davon zeigten 20 von 22 Reviews einen Trend zugunsten der Homöopathie und 5 Reviews einen deutlichen Beleg für die Wirksamkeit der Homöopathie. In der Indikation URTI/A (upper respiration tract infections and allergic reactions) zeigten 24 von 29 klinischen Studien ein positives Ergebnis, wovon die placebokontrollierten randomisierten Studien mit der höchsten Evidenzklasse nach EBM bei 12 von 16 Studien ein positives Ergebnis fanden.

Der HTA-Report belegt, dass „die ärztliche Homöopathie bei sachgemäßer Anwendung arm an Nebenwirkungen und bei Verwendung mittlerer und hoher Potenzen frei von toxischen Wirkungen und unerwünschten Organwirkungen ist“ und fand wirtschaftliche Vorteile durch Einsparung direkter und indirekter Kosten im Vergleich mit der konventionellen Behandlung.



Zusammenfassendes Ergebnis des HTA-Reports
„Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass es ausreichende Belege für die präklinische (experimentelle) Wirkung und klinische Wirksamkeit der Homöopathie gibt und dass sie absolut und insbesondere im Vergleich zu konventionellen Therapien eine sichere und kostengünstige Intervention darstellt.“



Reanalysen der Meta-Analyse des Lancet belegen die Wirksamkeit der Homöopathie
Das Europäische Commitee for Homeopathy (ECH) versandte am 3. November 2008 einen Press Release [12] mit dem Titel „New evidence for Homeopathy“, nachdem zwei neue Studien die Meta-Analyse und die post-publication data neu untersucht hatten:

Rutten, Stolper 2008:

Die beiden niederländischen homöopathischen Ärzte A.L.B. Rutten und C.F. Stolper gingen der auffallenden Diskrepanz der von Linde et al. 1997 in Lancet publizierten positiven Meta-Analyse von 89 Homöopathie-Studien [14] und der negativen Arbeit von Shang et al. über 8 Homöopathie-Studien nach, die zu gegenteiligen Ergebnissen gekommen waren. Dazu wurden die von Shang et al. als qualitativ hochwertig bezeichneten 21 Studien und postpublication data neu analysiert und Sensitivitätsanalysen durchgeführt, um die Einflüsse der subjektiven Studienwahl durch die einzelnen untersuchten Indikationen und den Grenzwert für „größere“ Studien auf das Gesamtergebnis herauszufinden [13].

Das Ergebnis war überraschend und zeigte, dass die Qualität der von Shang et al. ausgewählten homöopathischen Studien besser als die der konventionellen Studien war. Die Autoren fanden weiters zahlreiche schwere Mängel in der Lancet-Studie: die Studiengruppen zeigten eine ausgeprägte Asymmetrie (14 von 83 Homöopathie-Studien versus 2 aus 78 konventionellen Studien mit geringeren Fallzahlen n < 100), Verwendung unterschiedlicher Grenzwerte für „größere Studien“ bei homöopathischen und konventionellen Studien ohne erkennbaren Grund, selektiver Einschluss unpublizierter Studien nur in der Homöopathie-Gruppe, unterschiedliches Qualitäts-Assessment im Vergleich zu vorangegangen Analysen, Verlust des Matchings durch die nachträgliche Selektion nach Größe und Qualität mit fehlenden Sensitivitätsanalysen betreffend die Heterogenität der Studien und Selektion. Das Subset von 8 Homöopathie-Studien, von dem das Ergebnis der Meta-Analyse abgeleitet wurde, bestand aus 8 Arbeiten zu 8 unterschiedlichen Indikationen, war heterogen und nicht an die Indikationen der konventionellen Studien gematcht.

Die Autoren fanden daher, dass die Reanalyse die Schlussfolgerung von Shang et al. nicht bestätigt, dass die Homöopathie eine Placebo-Wirkung sei. Aufgrund der Mängel der Meta-Analyse kann aus dieser nur abgeleitet werden, dass die Qualität der eingeschlossenen homöopathischen Studien höher war als die der konventionellen Studien, was für alle Studien und die Studien mit geringerer Fallzahl galt: “Re-analysis of Shang’s post-publication data did not support the conclusion that homeopathy is a placebo effect. The conclusion that homeopathy is and that conventional is not a placebo effect was not based on comparative analysis and not justified because of heterogeneity and lack of sensitivity analysis. If we confine ourselves to the predefined hypotheses and the part of the analysis that is indeed comparative, the conclusion should be that quality of homeopathic trials is better than of conventional trials, for all trials (p = 0.03) as well as for smaller trials (p = 0.003).”

Lüdtke, Rutten 2008:

Nachdem die negativen Ergebnisse von Shang et al. primär auf einem Subset von 21 nicht näher definierten „größeren“ Studien beruhen, führten Rainer Lüdtke von der Karl und Veronica Carstens-Stiftung und A.L.B. Rutten mehrere Sensitivitätsanalysen an weiteren aussagekräftigen Subsets hochqualitativer Studien durch. Dabei wurde das Ergebnis gefunden, dass die von Shang et al. als hochqualitativ bezeichneten 21 Homöopathie-Studien zu signifikanten Wirkungen über Placeboniveau führten: „Homeopathy had a significant effect beyond placebo (OR = 0,76; 95% CI: 0.59 – 0.99; p = 0.039)”.

Die Autoren fanden auch heraus, wie das im Widerspruch zu anderen Meta-Analysen stehende negative Ergebnis von Shang et al. erklärt werden kann: wenn die Studiensets sukzessive auf größere Patientenzahlen beschränkt wurden, veränderten sich die odds ratios moderat (median: 0.82, range: 0.71 – 1.02) und die p-Werte stiegen stetig an (median: 0.16, range: 0.03 – 0.93) und erreichten die Ergebnisse, die Shang et al. für die 8 größten Studien gefunden hatten (OR 0.88, CI: 0.66 – 1.18; p = 0.41). Und wie bereits Rutten und Stolper am Beispiel von Vickers et al. 1998 berichteten [13], ist die homöopathische Behandlung von Muskelkater nach Langstreckenlauf mit Arnica C30 unwirksam. Genau diese Studie hatte aber aufgrund ihrer hohen Fallzahl das Ergebnis von Shang et al. sehr wesentlich beeinflusst!

Die Autoren kamen deshalb zu dem Ergebnis, dass die Resultate der Meta-Analyse von Shang et al. vom gewählten Grenzwert „größerer“ Patientenzahlen empfindlich abhängen und die Ergebnisse aufgrund der großen Heterogenität nicht so eindeutig sind, wie sie präsentiert wurden: „The meta-analysis results change sensitively to the chosen threshold defining large sample sizes. Because of the high heterogeneity between the trials, Shang’s results and conclusions are less definite as they had been presented.”



Zusammenfassung
Bereits die Originalpublikation von Shang et al. hatte ergeben, dass die Gesamtheit der 110 ursprünglich in die Meta-Analyse eingeschlossenen Homöopathie-Studien eine deutliche Wirksamkeit zeigte. Und wenngleich Lüdtke und Rutten schreiben, dass ihre Ergebnisse weder die Überlegenheit homöopathischer Arzneimittel über Placebo noch das Gegenteil belegen, weil das nicht Ziel ihrer Arbeit war, so fanden die Autoren doch das Ergebnis, dass die in der Meta-Analyse des Lancet als hochqualitativ bezeichneten 21 Homöopathie-Studien signifikante Wirkungen über Placeboniveau gezeigt haben (p = 0.039).

Beide Arbeiten zeigen die gravierenden statistischen Fehler der Meta-Analyse auf und welche Studienauswahl und statistischen Methoden das negative Ergebnis hervorgerufen haben. Die Hypothese von Shang et al., die Homöopathie sei eine Placebo-Wirkung, wurde daher durch die Reanalyse nicht bestätigt.

Davon abgesehen hatten die von Shang et al. ausgewählten Studien keine externe Validität, d.h. sie waren nicht repräsentativ zur Bewertung der Wirksamkeit der Homöopathie unter den Praxisbedingungen der Klassischen Homöopathie.

Die Ergebnisse stehen im Widerspruch zu den bereits vorhandenen Meta-Analysen und Reviews und widersprechen dem Gesamtergebnis des von der Schweizer Regierung in Auftrag gegebenen Bewertungsberichtes des PEK-Programmes, in dessen Rahmen die Meta-Analyse durchgeführt wurde. Dieser HTA-Report als höchste Stufe der Evidence Based Medicine hat 107 auswertbare Titel gefunden und repräsentiert den aktuellen Stand der wissenschaftlichen Forschung in der Homöopathie (2006):

Es gibt ausreichende Belege für die präklinische (experimentelle) Wirkung und klinische Wirksamkeit der Homöopathie. Die Homöopathie stellt im Vergleich zu konventionellen Therapien eine sichere und kostengünstige Intervention dar.



Literatur:

[1] Shang A, Huwiler-Muntener K, Nartey L, Juni P, Dorig S, Sterne JA, Pewsner D, Egger M: Are the clinical effects of homoeopathy placebo effects? Comparative study of placebo-controlled trials of homoeopathy and allopathy. Lancet 2005;366:726-32.
[2] Dellmour F: Die Fragwürdigkeit klinischer Studien in der Homöopathie. Homöopathie in Österreich Jg. 16, Heft 4, Winter 2005: 27-34.
[3] Dellmour F: Klinische Studien und Metaanalysen in der Homöopathie. Deutsche Zeitschrift für Klinische Forschung 5/6-2006: 52-60.
[4] Hanifle T, Ehgartner B: Das Ende der Homöopathie. Profil, Nr. 37, 36. Jg., 12. September 2005: 106-13.
[5] Melchart D, Mitscherlich F, Amiet M, Eichenberger R, Koch P: Programm Evaluation Komplementärmedizin (PEK). Schlussbericht. 24.4.2005.
[6] European Committee for Homeopathy (ECH): E-Mail des ECH-Präsidenten Ton Nicolai vom 23.12.2005 an die europäischen homöopathischen Ärztegesellschaften.
[7] Seiler HP: Doppelblindstudien, Rationalität und Homöopathie. Offener Brief an Prof. Dr. phil. Harald Walach. November 2005. Rezension: Hanspeter Seiler: Doppelblindstudien, Rationalität und Homöopathie. Offener Brief an Prof. Dr. phil. Harald Walach. Homöopathie in Österreich Jg. 17, Heft 2, 2006: 34-35.
[8] Swiss Association of Homoeopathic Physicians (SAHOP): Open Letter to the Editor of The Lancet. Forsch Komplementärmed Klass Naturheilkd 2005;12:000-000. Published online: November 30. 2005.
[9] Walach H, Jonas W, Lewith G; Linde K, Jonas W; Fisher P, Berman B, Davidson J, Reilly D, Thompson T, on behalf of 29 other signatories; Dantas F; Shang A, Jüni P, Sterne JAC, Huwiler-Müntener K, Egger M; Skandhan KP, Amith S, Avni S; Raoult D: Are the clinical effects of homoeopathy placebo effects? Correspondence. www.thelancet.com Vol. 366, December 17/24/31, 2005.
[10] Heusser P: Medizin und Macht am Beispiel des Programms Evaluation Komplementärmedizin PEK. Vorlesung im Rahmen der Ringvorlesung „Medizin und Macht“ der KIKOM. Universität Bern, WS 2005/06, 9.12.2005.
[11] Bornhöft G, Matthiessen PF (Hrsg.): Homöopathie in der Krankenversorgung – Wirksamkeit, Nutzen, Sicherheit und Wirtschaftlichkeit. Ein HTA-Bericht zur Homöopathie im Rahmen des Programms Evaluation Komplementärmedizin in der Schweiz. Rezension: Homöopathie in Österreich 2008;2: 42.
[12] European Committee for Homeopathy: New Evidence for Homeopathy. Press Release 3 November 2008. Nachdruck: Homöopathie in Österreich 2008;4: 17-18.
[13] Rutten ALB, Stolper CF: The 2005 meta-analysis of homeopathy: the importance of postpublication data. Homeopathy 2008; 97: 169-177. DOI 10.1016/j.homp.2008.09.008.
[14] Linde K, Clausius N, Ramirez G et al: Are the clinical effects of homeopathy placebo effects? A metaanalysis of placebo-controlled trials. Lancet 1997; 350: 834–843.
[15] Lüdtke R, Rutten ALB: The conclusions on the effectiveness of homeopathy highly depend on the set of analyzed trials. Journal of Clinical Epidemiology 2008. Article in press. DOI: 10.1016/j.jclinepi.2008.06.015

Schnapp---


Je höher die Arztdichte, desto geringer die Lebenserwartung.

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#2

RE: Wird die Lancet Studie von 2005 nun doch widerlegt?

in Allgemeines zur Homöopathie 25.10.2010 13:49
von AnnaZenz | 927 Beiträge | 927 Punkte

Wah... viel zeug
Ich hab das Buch zu der Studie in der Schweiz hier liegen und auch großteils gelesen.
Eigentlich wurde, so weit ich es verstanden habe, die Hoomöopathie nur wegen eines Regierungswechsels nicht in die Grundversorgung ausgenommen. also rein Politische Gründe. Die STudie hat eindeutig den Sinn und Erfolg der Hoöopathie belegt. Viel mehr noch: sie hat sich mit den Studien Methoden auseinander gesetzt und ganz klar gezeigt, das diese reandomisierten doppelbilde goldstandart Studien reiner Mist sind, wenn man sie alleine Betrachtet. Diese Studienform gehört in einen Verbund von verschiedenen Methoden und bring alleine gar nichts. Sie ist einfach die Form die am coolsten und wissenschaftlichsten klingt, aber es gehört noch mehr dazu, auch bei allem was nicht mit Homöopathie zu tun hat.


- Was ist darf sein, was sein darf wandelt sich -

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#3

RE: Wird die Lancet Studie von 2005 nun doch widerlegt?

in Allgemeines zur Homöopathie 27.10.2010 06:57
von Frank • Administrator | 1.761 Beiträge | 2033 Punkte

Nun kommt noch mehr "Zeug". Ein Erklärungsversuch eines Dr. rer. nat. Harald Zycha.

Schnipp---

Es stimmt einfach nicht, daß es für die Homöopathie noch keine wissenschaftliche Begründung gibt, eine solche ist nur in dem gegenwärtigen naturwissenschaftlichen Rahmen prinzipiell (!) nicht möglich.

Nimmt man den umfassenderen Rahmen der Kybernetik, so haben wir diese Begründung bereits seitDr. rer. nat. Harald Zycha über 15 Jahren!
Man ist nur einfach nicht bereit, das zur Kenntnis zu nehmen, der wissenschaftliche Materialismus verschlingt alles.


Wissenschaftliche Begründung der Homöopathie,
aus Kapitel 18. des Buches NATUR-GANZHEIT-MEDIZIN
von Dr. rer. nat. Harald Zycha

Anmerkung: Die folgenden Auszüge können nur eine erste Andeutung der Eigenheiten der Homöopathie geben. Zu einem vollständigen Verständnis wäre die vollständige Wiedergabe dieses Kapitels nötig, die ihrerseits wieder die ausführliche Darstellung der Kapitel 8, 16 und 17 aus dem Buch “Natur-Ganzheit-Medizin” voraussetzt.



„Durch Beobachtung, Nachdenken und Erfahrung fand ich, daß im Gegentheile von der alten Allöopathie die wahre, richtige, beste Heilung zu finden sey in dem Satze: Wähle, um sanft, schnell, gewiß und dauerhaft zu heilen, in jedem Krankheitsfalle eine Arznei, welche ein ähnliches Leiden (homoion pathos) für sich erregen kann, als sie heilen soll!“

Mit diesem Satz formulierte der Begründer der Homöopathie, der aus Meißen stammende Arzt Samuel Hahnemann (1755 – 1843) zum Ende des 18. Jahrhunderts, sein großes Konzept der Heilkunde, das bis heute vielen Millionen Menschen in aller Welt Heilung gebracht hat, die in so manchen Fällen ans Wunderbare grenzt. Was unsere Hochschulmedizin in der lebensrettenden Notfallmedizin, ist die Homöopathie in der Heilung!

Also, sollte man schließen, müssen sich diese beiden medizinischen Systeme doch wunderbar ergänzen! Dieser Meinung bin auch ich, leider aber nicht die Vertreter der Hochschulmedizin. Eine so segensreiche Zusammenarbeit wird bisher – gelinde gesagt – strikt abgelehnt, und das begründet man damit, daß der Homöopathie jede wissenschaftliche Grundlage fehle.

Um eine solche bemühen sich zwar schon seit langem die aufgeschlosseneren Forscher unter den Naturwissenschaftlern, insbesondere Physiker, und auch fortschrittliche Mediziner, doch sie suchen nach ihr immer noch im Rahmen der „geltenden Wissenschaft“, und das ist ausschließlich die materialistische Physik, über die ich nun eigentlich genug gesagt habe.

Die Prinzipien der Homöopathie reichen über diesen Rahmen weit hinaus, sie sind nur in dem aller Physik übergeordneten Kontext einer ganzheitlichen Kybernetik zu begreifen. Hier aber fügt sich nahtlos eins zum andern. Das ist nun schon seit rund fünfzehn Jahren bekannt, ohne daß man es zur Kenntnis nehmen will. Weiter angelt man im Sumpf nach Fischen, nicht im freien Wasser, wo sie zuhause sind …



Der oben zitierte Satz von Hahnemann bezieht sich auf den einen der beiden Grundpfeiler der Homöopathie, auf das Simileprinzip. Dieses hat Hahnemann an der gleichen Stelle auch in der heute allgemein bekannten Kurzform ausgedrückt: Similia similibus curentur! Das heißt: Ähnliches werde durch Ähnliches kuriert! Ich sage „kuriert“, nicht „geheilt“, denn auch Hahnemann war sich der Formel „medicus curat, natura sanat“ bewußt. Wichtig ist hier auch der Konjunktiv („curentur“ statt „curantur“), denn es handelt sich dabei um eine Vorschrift.

Das Simileprinzip bedeutet, daß dem Kranken eine solche Arznei in verdünnter Form zu geben ist, die bei einem Gesunden in konzentrierterer Form die gleichen Krankheitssymptome erzeugt, wie sie der erstere zeigt. Hierbei ist wesentlich, daß in einer besonders ausführlichen Untersuchung und Befragung (Anamnese), die oft länger als eine Stunde dauert und mehr als hundert Fragen enthält, alle körperlichen, seelischen und geistigen Symptome und ihre besonderen (variablen) Bedingungen (Modalitäten), wie Zeit, Ort, Wetter usw., unter denen sie sich ändern, aufgenommen werden. In möglichst vielen dieser Symptome muß das Symptomenspektrum der Arznei mit dem des Kranken übereinstimmen. Da diese Zusammen-hänge erst nach der Beschreibung des Potenzierungsprinzips besser verständlich sind, werde ich sie erst weiter unten noch genauer erläutern.

An dieser Stelle ist jedoch schon folgendes einsichtig: Das Symptomenbild liefert dem Therapeuten gemäß den Sätzen 17.2 und 17.3 (im Buch) schon alles, was er mit Sicherheit, also ohne Theorie und Hypothese, von der Krankheit wissen kann. Die Gesamtheit der Symptome offenbart die Krankheit, oder richtiger gesagt, die Selbstheilungs-Bemühungen des kranken Organismus, die es zu unterstützen gilt.

Dieses Prinzip wird in der extremsten Ausprägung der Homöopathie, der Isopathie (d.h. nicht nur Ähnliches, sondern Gleiches mit Gleichem zu kurieren), am deutlichsten: Hat man etwa eine Arsenik-Vergiftung, so ist Arsenik in hoher Verdünnung (Potenz) das geeignete Mittel, und hat man eine Tollkirschenvergiftung, so ist Belladonna (das Gift der Tollkirsche) in hoher Potenz das Rezept. So wußten es auch schon die alten Ärzte Hippokrates und Paracelsus.

Den zweiten Grundpfeiler der Homöopathie bildet das Potenzierungsprinzip, das von allen schulmedizinischen Kritikern noch weniger verstanden wird als das erste, was aber nach den Ausführungen der früheren Kapitel nicht mehr verwundert. Es ist jedoch gerade dieses Prinzip eine ganz unmittelbare Konsequenz unseres kybernetischen Prinzips der Ganzheit, denn in ihm drückt sich genau das aus, was im katabolen Zweig der Stoffwechselschraube (Satz 16.3) geschieht.

Hier zunächst eine Beschreibung des Potenzierungsverfahrens, wie es Hahnemann entwickelt hat. Es besteht in einer schrittweisen Verdünnung einer konzentrierten Ausgangslösung (Urtinktur) der Arznei in einem Wasser-Alkohol-Gemisch. (Alternativ kommt auch eine entsprechende Verreibung mit Milchzucker in Frage.) Hahnemann schlug Verdünnungs-schritte von je 1 zu 100 vor, d.h. 1 Teil der Ausgangslösung wird mit 99 Teilen des Lösungsmittels vermischt, dann wieder 1 Teil dieses Ergebnisses mit abermals 99 Teilen des Lösungsmittels, und so fort.

Diese Verdünnungen werden mit einem großen „C“ (für centesimal = 1 zu 100) bezeichnet. C8 bedeutet zum Beispiel, daß 8 solche Schritte nacheinander ausgeführt werden. Hahnemann bezeichnete diese Verdünnungen als Potenzen. Das hat gleich zwei Gründe: Der eine bezieht sich auf die entsprechende mathematische (Zehner-)Potenz. Der andere war aber hier eher gemeint und bedeutet, daß mit zunehmender Anzahl der Verdünnungsschritte die (Heil-) Kraft der Arznei zunimmt, ihre therapeutische Potenz. Man denke hier auch an die entsprechende chemische Wirksamkeit bei der Auflösung etwa einer Säure in Wasser, deren Stärke mit zunehmender Verdünnung wegen der dabei erhöhten Dissoziation (hier materiell bis zu einem gewissen Grad) zunimmt (Ostwaldsches Verdünnungsgesetz). Die Zusammen-hänge sind, wie wir später sehen werden, tatsächlich weitgehend die gleichen.


War schon die Entdeckung des Simileprinzips als erste Voraussetzung dieses Heilungskonzeptes eine geniale Leistung, so kann man heute gar nicht mehr recht nachvollziehen, welche besondere Leistung die Entdeckung des zweiten Prinzips, des der Potenzierung, bedeutet, denn ohne dieses wäre alles vergebens gewesen. Es mußten beide genialen Entdeckungen zusammenkommen!

Denken wir doch darüber nach, was das erste Prinzip ohne das zweite wert wäre. Das zweite ignorieren ja auch die Gegner und argumentieren sogar noch damit: Eine Potenz von C30, eine ganz normale „mittlere Hochpotenz“, bedeutet als Gesamtverdünnung von 1 zu 10 hoch 60 (eine 1 mit 60 nachfolgenden Nullen) einen Tropfen der Arznei auf mehr als alle Weltmeere verteilt! So betrachtet kann das keine therapeutische Wirkung haben. Es liegt ja schon die sogenannte Allgegenwarts-Konzentration in der Größenordnung von etwa 1 zu 10 hoch 10, d.h. in einer solchen Verdünnung sind praktisch schon alle bekannten chemischen Elemente auch im reinsten Wasser vorhanden, und das hat nun einmal überhaupt keine therapeutische Wirkung. Ganz zu schweigen von der Loschmidtschen Bedingung des Molekularkonzeptes, nach der man bei einer Verdünnung höher als D23 nicht mehr mit der Anwesenheit von auch nur einem einzigen Molekül der Arznei rechnen kann. Aus solchen Überlegungen schließt der konventionelle Naturwissenschaftler, der, wie gesagt, das Besondere des Potenzierungsprinzips nicht kennt, weil er ja die ganzheitliche Schichtung der Natur nicht kennt, daß so hoch verdünnte Arzneien überhaupt nicht wirken können.

Und wie es wirkt! Um das zu verstehen, müssen wir jedoch den kybernetischen Zusammenhängen des Stoffwechsels nachspüren, wie ich es in Kapitel 16.2 und 16.3 beschrieben habe. Jede Nahrung und Arznei wirkt auf diese Weise. Es wird kein Stoff, den der Mensch aufnimmt, in einem einzigen Schritt auf den vermuteten Endzustand verdünnt, sondern alles wird, seiner Schichtung entsprechend, in vielen einzelnen Teilschritten aufgelöst. Es ist auch der menschliche Organismus selbst nicht eine bloße Ansammlung von Elementarteilchen. Es ist immer eine Folge von diskreten Einzelschritten das Wesentliche an der Verdauung aller Nahrung und Arznei!

Alles in dieser Welt ist geschichtet. Und will man auch die einzelnen Schichten selbst noch materiell betrachten, so ist doch alles, was den Unterschied von einer Schicht zur anderen ausmacht, das „mehr“ des Ganzheitsprinzips! Schon das allein ist geistige Information. Aller Stoffwechsel funktioniert ausschließlich in dieser schrittweisen Auflösung von geschichteter Information (s. Satz 8.30), wie ich es als Stoffwechselschraube (s. Satz 16.3) beschrieben habe: Bei jedem Lösungsschritt wird die Information freigelegt, die zur richtigen Ausführung des nächsten Verdauungsschrittes benötigt wird.

Was der Homöopath beim Potenzieren macht, ist im Prinzip genau das gleiche. Er, und nicht der konventionelle Pharmazeut, ahmt die Natur in ihrem wesentlichen Prozeß nach:

Potenzieren ist Nachahmung der Stoffwechselschraube!
Die stufenweise Verdünnung einer homöopathisch zubereiteten Arznei und das stufenweise Aufschließen von Nahrung und Arznei im katabolen Zweig des Stoffwechsels im Organismus beruhen auf dem gleichen Prinzip der Informationsgewinnung. Das erstere kann man als Potenzieren in vitro betrachten, das letztere als Potenzieren in vivo.

Und damit sollte einem jetzt auch das Simileprinzip klar werden. Wir wissen ja nun (s. Sätze 16.2 und 17.1), daß der Fall der Krankheit dann eintritt, wenn die Stoffwechselschraube mangels Information stecken bleibt. Man kann natürlich auch sagen: weil zuviel Stoff zu verarbeiten ist, der nicht mehr aufgeschlossen werden kann, oder weil im Körper ein Mangel an Lösungsmitteln, Enzymen usw. herrscht. Wie wir in den vorangehenden Kapiteln gesehen haben, sind das alles gleichberechtigte Darstellungen: Das eine ist die geistig-qualitative Sicht, das andere die materiell-quantitative. Und zwischen beiden Sichten vermittelt das Maß (s. Satz 17.1).

Das Simileprinzip ergibt sich aus der Möglichkeit, daß man im Prinzip jeden pathologischen Stoffwechselprozeß durch Gabe eines entsprechenden Nahrungs- oder Arznei-Stoffes nachahmen kann. Dort, wo das de facto gelingt, hat man die passende Arznei gefunden!

Diese bewußte Nachahmung erfolgt bei der homöopathischen Arzneiprüfung, für welche, da es sich um eine materiell-experimentelle Methode handelt, zunächst die eben genannte materiell-quantitative Sicht des Maßes (Satz 17.1) zur Anwendung kommt: Mehrere gesunde Probanden erhalten den auf seine Wirkungen zu prüfenden Arzneistoff in einer solchen Konzentration (Verdünnung) und Dosis (Menge) zugeführt, daß er toxisch, aber noch nicht organschädigend wirkt. Die Tester müssen alle zu beobachtenden Krankheitssymptome und ihre Umgebungsbedingungen (Modalitäten) genau registrieren. Von den oft mehr als tausend Aufzeichnungen kommt schließlich eine nach gewissen Kriterien getroffene Auswahl der verläßlichsten Symptome – auch das oft noch mehrere hundert – zur Eintragung in das homöopathische Arzneibuch (Materia medica).

Bei der Arzneiprüfung wird also durch die zu testende Arznei im zuvor Gesunden eine Arznei-Krankheit verursacht. Hierbei ist fundamental wesentlich, daß diese nicht nur simuliert, sondern wirklich erzeugt wird! Diese Krankheit verläuft aber, da sie, vor allem auch im Hinblick auf die Dosierung der Arznei, unter ständiger Aufsicht steht, von selbst reversibel ab, d.h. sobald man den Test absetzt, normalisiert sich der Zustand der Testperson wieder. Das allein kann man schon als einen Hinweis auf den restitutiven Charakter einer (natürlichen) Krankheit gemäß Satz 17.3 betrachten. …

Für das Simileprinzip kann man nun unmittelbar die Begründung erkennen:

Erzeugen zwei verschiedene Noxen im lebenden Organismus gleiche Krankheitsbilder, beurteilt am vollständigen Symptomen-Spektrum, so sind auch die von ihnen erzeugten pathologischen Stoffwechselprozesse gleich.

Das folgt unmittelbar aus den Sätzen 17.2 und 17.3 und aus der exakten Reproduzierbarkeit aller kybernetischen Prozesse (s. Sätze 7.11 und 8.22), ohne die kein einziges Naturgesetz formulierbar wäre. In dieser strengen Form besteht allerdings eine echte Gleichheit (Identität) der Ursachen (Noxen), wie sie exakt nur im Falle der schon erwähnten Isopathie gegeben ist, d.h. bei Vergiftungen, bei welchen der Giftstoff bekannt ist und in potenzierter Form zur Heilung verwendet wird. Das ist natürlich trivial.

Der allgemeine Fall ist jedoch der der Ähnlichkeit, in dem die Symptomenbilder nicht in allen kleinsten Einzelheiten, aber doch in einer möglichst großen Anzahl wichtiger Symptome, insbesondere der sogenannten „Leitsymptome“ (Schlüsselsymptome), übereinstimmen müssen, damit man sicher auf das innere Geschehen des Stoffwechsels schließen und die Arznei im Krankheitsfall erfolgreich einsetzen kann. Je weniger Symptome man zur Verfügung hat, umso unsicherer wird die Korrelation. Mit der geringen Anzahl, wie sie in einer schulmedizinischen Diagnose erfaßt werden, wäre ein solches Vorgehen absolut unmöglich.

Die Gleichartigkeit des inneren Geschehens bei gleichen äußeren Symptomenbildern bedeutet, daß die Stoffwechselschraube etwa im gleichen Bereich der inneren Schichtung des Organismus auf gleiche Weise stecken geblieben ist. Inbezug auf jenen Bereich war die Noxe zu konzentriert, als daß der Organismus sie innerhalb der Homöostase hätte ausregeln können. Dort hat der Organismus offenbar die für die weitere Bearbeitung benötigte Information verloren. Hier kommt nun der zweite, mit der Potenzierung verbundene Ansatz des Simileprinzips zum Zuge:

Die durch die Stoffwechselschraube geforderte Potenzierung (Verdauung) der Noxe, die der kranke Organismus nicht selbst (in vivo) ausführen kann, wird an der auf sein Symptomenbild passenden Arznei, dem Simile, außerhalb des Organismus (in vitro) vorgenommen. Die hierdurch erschlossene Information wird dem Organismus durch die potenzierte Arznei zugeführt, wodurch dieser in die Lage versetzt wird, seinen eigenen inneren Potenzierungsprozeß wieder erfolgreich fortzusetzen.



Es kommt nicht von ungefähr, daß von allen Konzepten der Erfahrungsheilkunde die Homöopathie am meisten den Angriffen der naturwissenschaftlichen Medizin ausgesetzt ist. Mit einem buchstäblich ans Mittelalter erinnernden exorzistischen Eifer geht man oft gegen sie vor, ja man bezeichnet sie sogar ganz offiziell als „Irrlehre“, die „nicht vereinbar mit dem vernünftigen Denken“ sei! Man wirft ihr „Unwissenschaftlichkeit“ vor, weil sie bis heute nicht naturwissenschaftlich begründet werden kann …

Und das wird auch so bleiben, denn mit dieser „Naturwissenschaft“, wie sie heute verstanden wird und wie ich sie nun hinlänglich kritisiert habe, wird man sie niemals begründen!

Es sind hier offenbar die extremsten Kontrahenten von Wissenschaft und Heilkunst aneinandergeraten. Es geht jedoch an dieser Stelle nicht mehr um die Frage, was ethisch höherstehend und wünschenswerter sei, Wissenschaft am Katheder oder Heilung am Krankenbett. Dazu mögen sich jetzt lieber die Patienten äußern!

Es geht darum, die fundamentale Bedeutung des homöopathischen Prinzips für die gesamte Heilkunde zu erkennen. Ich möchte vermuten, daß es gerade diese besondere Bedeutung ist, weshalb man von seiten der „Orthodoxie“ so schwere Angriffe führt. Die Hochschulmedizin fühlt sich in ihrem Innersten verunsichert, denn alles, was auch hier im Erfolgsfalle letztendlich heilt, beruht auf diesem Prinzip. Man fühlt es, doch man versteht es nicht.

Die der Homöopathie vorgeworfene „Unwissenschaftlichkeit“ ist, wie ich ausführlich gezeigt habe, nicht deren Problem, sondern das jener Wissenschaft selbst, auf die man sich bezieht. Wie will denn eine Wissenschaft, die nicht einmal über einen allgemein verbindlichen Begriff von Krankheit und Heilung verfügt (s. Kap. 15 !), über die Heilwirksamkeit von ihr fremden Heilmethoden urteilen? Sie ignoriert ihre Heilerfolge und versteht ihre wissenschaftlichen Grundlagen nicht. Wie will eine Wissenschaft, die über fragwürdige, nämlich widerlegbare Hypothesen von Irrtum zu Irrtum fortschreitet, über die Wirklichkeit richten? Kann man überhaupt einem ärztlichen System zumuten, daß es seine eigene unwiderlegbare Erfahrung fremden widerlegbaren Theorien unterwerfen soll?

Leider sind sehr viele Homöopathen dazu bereit, sich zu unterwerfen, zu groß ist immer noch ihr Respekt vor einer hier völlig versagenden toten Physik! Aus so manchen begreiflichen Gründen wollen sie den Faden zur „Schule“ nicht abreißen lassen, wofür sie sich schließlich auch vor neuen Denkansätzen außerhalb der „geltenden Wissenschaften“ verschließen.

Aber versuchen wir nun, die ideologischen Gegensätze zwischen den beiden Lagern heraus-zuarbeiten. Ich betrachte das als eine Voraussetzung für den Versuch einer Verständigung.
Als erstes muß der unterschiedliche gesellschaftliche Bezug auffallen: Die Homöopathie ist die reinste Form von ganzheitlicher Individualmedizin, sie ist eine „Medizin der Person“, die Schulmedizin eine Medizin des standardisierten Durchschnittsmenschen. Das bedeutet, konkreter ausgeführt:

Das Simileprinzip der Homöopathie ist nur anwendbar, wenn man bei der Ermittlung der passenden Arznei nicht nur die deutlich sichtbaren aktuellen Krankheitssymptome berücksichtigt, wie sie auch ein in visueller Diagnostik geübter Schulmediziner registrieren kann, sondern auch alle höchstpersönlichen Merkmale des Patienten hinsichtlich körperlicher Konstitution, Seele, Charakter, Gewohnheiten usw., und das alles im kranken wie auch im gesunden Zustand. Nur bei einer so weitgehenden Kenntnis aller Symptome darf man die Gültigkeit von Satz 18.2 für das Simileprinzip voraussetzen.

Bei der Schulmedizin bleiben hingegen fast alle persönlichen Merkmale des Patienten unberücksichtigt, das Symptomenbild ist eingeschränkt auf die allgemeinen biologischen Merkmale der Spezies Mensch. Nur auf diese Weise ist es überhaupt möglich, den Begriff Krankheit vom individuellen Menschen abzulösen und bestimmte „Krankheiten“ einer Klasse von Menschen zuzuordnen, denen jeweils alle allgemeinen Merkmale einer solchen, wie z.B. Typhus, Scharlach, zukommen. Und nur auf dieser Grundlage können mehrere Menschen in austauschbarer Weise einer randomisierten Doppelblindstudie unterworfen werden.

Gerade das ist in der Homöopathie prinzipiell nicht möglich, weil man hier niemals davon ausgehen darf, daß auch nur zwei Menschen einer Testreihe in der gleichen Weise krank sind, sodaß sie verschiedene Arzneien benötigen, wenn auch der Schulmediziner allen etwa Grippe zuordnet und die gleiche Medizin verordnet. Das gilt in umgekehrter Weise sogar auch beim homöopathischen Arzneitest, bei dem immerhin alle Probanden die gleiche Arznei bekommen: Diese haben – jetzt im Sinne der Hochschulmedizin – deshalb nicht unbedingt die gleiche Krankheit, weil ja ihre ganz persönlichen Attribute wie Wesen, Konstitution usw. in den Test mit eingehen und damit verschiedene schulmedizinisch reduzierte Symptomenbilder ergeben können. Das unterstreicht die absolute Notwendigkeit, bei der Anamnese (s. Abschn. 18.1) auch alle persönlichen Wesensmerkmale, die dieser im kranken und gesunden Zustand zeigt, mit zu berücksichtigen. – Diese Zusammenhänge sind jetzt geeignet, den Schulmedi-ziner vollends zu verwirren …

Mögen die Kranken also in wenigen wichtigen Symptomen übereinstimmen, die in schulmedizinischer Sicht etwa Scharlach bedeuten, so unterscheiden sie sich doch wesentlich in der großen Menge der individuellen Merkmale, die der Schulmediziner nicht kennt, und müssen deshalb auch, anders als in der Schulmedizin, mit verschiedenen Arzneien behandelt werden.

Das ist nun ganz und gar kein Nachteil, wenn nur eine zu den Symptomen passende Arznei (Simile) existiert und diese gefunden und lege artis angewendet wird. Denn hier ist das Schema von Versuch und Irrtum, wie es die Hochschulmedizin in ihren Doppelblindstudien kennzeichnet, nicht nur unpassend, sondern auch gar nicht notwendig. Man kann auch sagen: Hier ist der Versuch weit vor der Therapie ausgeführt, nämlich schon im homöopathischen Arzneitest. Es besteht also hier keine Unsicherheit, es muß nichts mehr getestet werden, das Medikament muß wirken, das verbürgt die strikte Reproduzierbarkeit der Kybernetik


Je höher die Arztdichte, desto geringer die Lebenserwartung.

zuletzt bearbeitet 27.10.2010 07:01 | nach oben springen


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