#1

bryonia diocia - hat jemand eine spez. mittelbeschreibung

in Allgemeines zur Homöopathie 28.11.2008 17:20
von Ulla | 200 Beiträge | 208 Punkte

Geschrieben am 02.06.2008 17:18


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hallo hallo
ggfs hat ja jemand aus dem seidenederz.b spez.infos darüber?
meine nicht alba-sondern die zweihäusige zaunrübe!!
wahrscheinlich ein fall für inge?
ggf gibt es hier auch eine psychologische botschaft?welche?
bei alba ist es: tradition vor persönlichkeit
müsste mehr auf den kopfbereich? zielen-anstatt atemwege bzw.magen und darm
vielen dank im voraus

In Antwort auf:
Hallo, Tippie,
Aus Reference Works, Gibson: "There are some 22 varieties of Bryonia found in different parts of the world, but only two of these find a niche, albeit a very prominent one, in the homeopathic materia medica. These are Bryonia dioica, found in Britain and also on the continent, and Bryonia alba, found only on the continent of Europe. Both are known as white bryonia, it was the latter that Hahnemann used to make his provings.
However, careful and extensive provings were made by the Austrian school using both species and "no difference in their actions could be established." It therefore appears justifiable to use the root-stock of either species for preparation of the mother tincture."

Es gibt kein separates AMB.

Mit psychologischen Botschaften habe ich mich noch nie beschäftigt, mich interessieren mehr, die in Prüfungen aufgetretenen und durch klinische Erfahrung bestätigten Symptome. Auf die ist eher Verlass als auf Vermutungen.
LG ilse



In Antwort auf:
Hallo,

ich kann nur bestätigen, was Ilse schrieb. Es gibt im AMB keine Differenzen zwischen Bryonia alba und Bryonia diocia.

P.S.: Daß Bryonia alba die "psychologische Botschaft" hat, deren Inhalt "Tradition vor Persönlichkeit" sei, darf mit Fug und Recht bezweifelt werden. Bryonia hatt eine Menge psychischer Auffälligkeiten, aber es ist Unfug, diese auf einen solchen Satz zu reduzieren.

Vithoulkas schreibt zur Einführung in die Arznei Bryonia in seiner "Materia medica viva":

- Bryonia alba Die essentiellen Merkmale

Das spezifische Krankheitsbild, für das jede einzelne unserer Arzneien steht und das diese bestimmte Arznei im menschlichen Organismus heilt, kann und sollte - statt als bloße Anhäufung unzusammenhängender Symptome - als die Idee dieses Mittels begriffen werden. Von unseren "großen" Mitteln, die ausgedehnten Prüfungen unterzogen wurden, ist eine umfassende Symptomatologie bekannt, die für die Ableitung einer solchen Grundidee reiches Material bietet.
Bei Bryonia ist die zentrale Idee die der Trockenheit auf allen Ebenen. Bryonia-Menschen sind geistig und emotional ebenso ausgetrocknet wie auf der körperlichen Ebene; daher wollen sie in Ruhe gelassen werden, man soll sie nicht stören. Ebenso brauchen sie ständig die Zufuhr von großen Mengen Wasser, um ihre körperliche Trockenheit auszugleichen. Berücksichtigen wir nun, daß das Element Wasser symbolisch für die Gefühle steht, so können wir uns auch die emotionale Eigenart von Bryonia klarmachen: Bryonia-Menschen zeigen wenig Gefühl bzw. ihre Emotionen wurden eingeschränkt oder eingedämmt - sie sind emotional ausgetrocknet.
Das Moment der Dehydratation auf allen Ebenen wird man bei einem typischen konstitutionellen Bryonia-Patienten sogleich erkennen können. Er berichtet nicht nur von Trockenheitsgefühlen am Körper (besonders häufig der Schleimhäute), sondern in der Art, wie er sich gibt, kommt auch sein "ausgetrockneter" Geist zum Ausdruck. Mit anderen Worten: Es fehlt ihm an geistiger Beweglichkeit, an Schnelligkeit der Auffassung; er ist ein eher phantasieloser Mensch. Und so leiden konstitutionelle Bryonia-Patienten unter einer gewissen Steifheit des Geistes; sie neigen dazu, sehr nüchtern und "geschäftsmäßig" zu denken und an "Tatsachen" zu kleben. Ihre Perspektiven sind begrenzt - sozusagen durch die Erdenschwere gebunden. Entsprechend konzentrieren sie ihre Energien oft auf den Erwerb irdischer Dinge und materieller Sicherheit, besonders von Geld. Dieser eher nüchternen, grob materiell orientierten und recht schroffen Art liegt ein Gefühl von Unsicherheit zugrunde, und diese wiederum äußert sich in erster Linie als Furcht vor Armut. Ob sie Erfolg im Beruf haben oder nicht, wie auch immer ihr Kontostand aussehen mag - immer haben sie Angst, eines Tages arm zu sein.
Die emotionale Austrocknung von Bryonia-Menschen zeigt sich vor allem in zwei wichtigen Charakteristika: sie sind mürrisch und reizbar. Es handelt sich um sehr ernste Leute, denen es an Einbildungskraft fehlt - für das Spielerische im Leben haben sie nichts übrig, man kann sie kaum als Frohnaturen bezeichnen. Selten einmal werden sie einen Witz machen. An Feinsinn und Sensibilität mangelt es Bryonia im allgemeinen eher, in einer bestimmten Hinsicht aber sind diese Menschen sehr empfindlich: nämlich gegen Belästigungen und Störungen.
Erkennt man die innere Reizbarkeit, die sich darin ausdrückt, so hat man einen neuen Zugang zu dem eingangs erwähnten Leitsymptom "will in Ruhe gelassen werden" gewonnen: Bryonia-Menschen wollen nicht, daß irgend etwas oder irgend jemand sich in ihr Leben mischt und ihnen eine Reaktion aufzwingt; sie wollen einfach bloß ihren eigenen Platz, ihre Nische im Leben finden und ansonsten ihre Ruhe haben. Wegen ihrer inneren Reizbarkeit und ihrer Neigung zu Heftigkeit und Zorn, die sie nach außen hin nicht zeigen wollen, können sie es nicht leiden, wenn Leute auf sie zukommen und sie "stören". Ihr Problem bei jeder Art von "Störung" ist es, daß sie selbst in irgendeiner Weise darauf reagieren müssen; dies bereitet ihnen enorme Schwierigkeiten und führt dazu, daß es ihnen schlechter geht. Und so drückt ihre ganze Haltung den Wunsch aus, bloß in Frieden gelassen zu werden.
Auf der körperlichen Ebene offenbart sich eine analoge Haltung beispielsweise in einem schmerzenden Gelenk, das sich trocken anfühlt und in dem es zu knacken oder zu krachen scheint: Dann will der Patient das betroffene Glied am liebsten die ganze Zeit ruhig halten, er haßt es, zu irgendwelchen Bewegungen gezwungen zu sein.
Damit haben wir bereits ein weiteres Beispiel für die Trockenheit von Bryonia auf körperlicher Ebene, die sich an verschiedenen Orten zeigen kann. Die Schleimhäute, die serösen Häute oder auch die Haut können extrem austrocknen. Abneigung gegen und Verschlimmerung durch Bewegung sind regelmäßig die mit der Trockenheit verbundenen typischen Modalitäten der Bryonia-Pathologie. Wir werden später näher darauf eingehen, hier nur einige typische Bilder: Die Konjunktiva ist so trocken, daß die Augen nicht ohne Schmerzen und Beschwerden bewegt werden können; die Synovialhäute sind trocken, so daß jede Bewegung der Gelenke schmerzt; die Darmschleimhäute sind trocken, so daß der Stuhl nicht vorwärtskommt und eine höchst beschwerliche und hartnäckige Verstopfung einsetzt.
Dies ist das Wesen von Bryonia, und entlang der angedeuteten Züge müssen wir die Symptome der Arznei auf allen Ebenen zu verstehen suchen. Die Beweglichkeit weicht einer Steifheit, ob in Körper, Gemüt oder Geist; die Gefühle sind in ähnlicher Weise trocken, unflexibel, in ihrer Beweglichkeit eingeschränkt, wie es eben für die Gelenke beschrieben wurde, und daher kommt dieses Bedürfnis nach Ruhe und Alleingelassenwerden, diese Gereiztheit gegenüber störenden Einflüssen, diese Abneigung dagegen, daß jemand auf einen zukommt und einen anspricht.
Der Bryonia-Mensch trocknet in allen Bereichen aus. Um die Verluste an "Flüssigkeit" auszugleichen, braucht er zusätzliche Zufuhr, nicht nur in Form von Wasser, sondern auch in Form von Geld und Gefühlen - und all dies muß von außen kommen, da der Organismus selbst es nicht liefern kann.
So ist das Geldverdienen schon beinahe eine fixe Idee des Bryonia-Menschen. Er mag sein gutes Auskommen haben, und doch wird die Angst von ihm Besitz ergreifen, daß er im Alter arm und bedürftig werden könnte und daß er deshalb äußerst vorsichtig mit seinem Geld umgehen müsse. Im Alter, so befürchtet er, wird niemand ihn mehr lieben und sich um ihn kümmern, und deswegen wird er dann Geld brauchen, um Leute bezahlen zu können, die ihn pflegen und für sein Wohlergehen sorgen.
Der Bryonia-Mensch selbst ist gefühlsmäßig nicht in der Lage, Liebe zu geben, aber er braucht das Gefühl, geliebt zu werden, um sich sicher zu fühlen. Wie wir gesehen haben, scheint er es jedoch keineswegs zu schätzen zu wissen, wenn ihm Liebe entgegengebracht wird. Ein Bryonia-Mann (und es handelt sich in der Mehrzahl der Fälle um Männer) kann eine große Leidenschaft für die Börse entwickeln und viel Energie und Emotionen in den Kauf und Verkauf von Aktien stecken, aber er ist unfähig, sich leidenschaftlich in eine Frau zu verlieben.
Diese Unfähigkeit, starke Gefühle für den Partner zu empfinden oder zu äußern, bedeutet jedoch nicht, daß Bryonia sexuell impotent wäre. Bryonia-Menschen haben einfach keinen Sinn für Romantik und Zärtlichkeit; einem Bryonia-Mann genügt es, wenn seine Frau ihn liebt und für ihn da ist. Und wie er sich auch sonst gegenüber anderen gewöhnlich reizbar oder gar zornig und rücksichtslos verhält, so ist es auch in seinem Sexualleben: Sobald der Geschlechtsverkehr für ihn beendet ist, zieht er sich zurück und will bloß nicht mehr "belästigt" werden.
Und nicht nur für die große Liebe, auch für immaterielle, spirituelle Werte bringen Bryonia-Menschen im allgemeinen kaum Interesse auf; ist es einmal doch so, so handelt es sich definitiv um eine Ausnahme. Bryonia mag sich vielmehr denken: "Ich bin doch kein Narr, ich bin ein Tatsachenmensch" (das glaubt er jedenfalls von sich); die materiellen Dinge des Lebens nehmen für ihn einen sehr hohen Rang ein.
Wir haben nun in einem ersten Durchgang einige zentrale Wesenszüge von Bryonia beschrieben. Es ist für die Praxis zwingend erforderlich, diese Grundzüge im Zusammenhang zu sehen, denn erst aus ihrer Kombination ergibt sich das volle Bild dieser Arzneimittelpersönlichkeit in ihrer Einzigartigkeit und Eigentümlichkeit. Zusammenfassend läßt sich sagen, daß vor allem folgende Wesensmerkmale bei der Verschreibung von Bryonia immer im Blick behalten werden sollten: die Trockenheit, die Verschlimmerung der ausgetrockneten Teile durch Bewegung, die "Laß-mich-bloß-in-Ruhe-Haltung". Diese Grundideen sollten in ihrer Verknüpfung verstanden werden, denn erst ein solches Verständnis bietet die Grundlage für eine sichere Verschreibungspraxis. Eine Verordnung hingegen, die sich lediglich an Einzelsymptomen orientiert, läßt viel Raum für Irrtümer.
Man sollte aber auch versuchen, gerade den Feinheiten der Pathologie der Persönlichkeit auf die Spur zu kommen. In einer allgemeinen Darstellung der Wesenszüge eines Mittels ist es naturgemäß nicht möglich, die zahlreichen möglichen Variationen des Bryonia-Typs und all seine unterschiedlichen Gemütszustände zu behandeln. Man sollte daher einerseits nicht sklavisch an den einzelnen Beschreibungen kleben; andererseits wird nur die Erfahrung mit einer größeren Zahl von Fällen und insbesondere die Erfahrung, das Mittel in verschiedenen konstitutionellen Bryonia-Fällen korrekt verschrieben zu haben, wirkliche Sicherheit bringen.
In einem zweiten Durchgang wollen wir nun die angesprochenen Züge von Bryonia vertiefen und das Bild vervollständigen.
Fassen wir die zentralen psychischen Züge noch einmal zusammen: Bryonia hat vor allem den ausgeprägten Wunsch, in Ruhe gelassen zu werden, der einem hohen Maß an innerer Reizbarkeit und Neigung zum Jähzorn zuzuschreiben ist. Diesen Eigenschaften wiederum liegt ein beträchtliches Unsicherheitsgefühl zugrunde, das sich in einer irrationalen Furcht vor Armut und einer Bangigkeit vor der Zukunft äußert, insbesondere soweit es um die zukünftige finanzielle Situation dieser Menschen geht.
Ihre Neigung, sich auf Geld und Geschäfte zu konzentrieren, hat sogar ihr Unterbewußtsein in Beschlag genommen; selbst im Delirium kommt häufig "Irrereden von Geschäften" vor, wie es bereits Hahnemann in seiner "Reinen Arzneimittellehre" aufführt. Es ist somit kaum verwunderlich, daß Bryonia-Menschen sehr vorsichtig mit ihrem Geld umgehen und sich nur widerwillig davon trennen, wenn sie auch nicht gar so knauserig sind, wie wir es etwa von arsenicum oder mercurius kennen. Jedenfalls ist es unwahrscheinlich, daß ein Bryonia-Mensch sich etwas Teures kaufen wird, was er im Grunde für überflüssig hält - hingegen für einen guten Zweck zu spenden, dazu wäre er schon eher in der Lage.
Da seine Grundhaltung ebenso wie seine Ziele und Verhaltensweisen ausgesprochen materialistisch und "irdisch" ist, wird er im allgemeinen entschlossen nach dem Erwerb derjenigen Dinge streben, die nach seiner Ansicht gut für ihn sind, und sich dabei kaum beirren lassen. Auch Hartnäckigkeit und Entschlossenheit können daher zu seinen Charakterzügen gehören.
Bryonia ist heute ein häufig benötigtes Mittel. Betrachten wir die eben diskutierten Charakteristika, so könnte dies sehr wohl an dem Druck liegen, der von dem derzeit herrschenden sozioökonomischen System ausgeht. Wer unter dem Druck steht, sich in der Geschäftswelt behaupten und unter den Bedingungen erbitterter Konkurrenz ökonomisch erfolgreich sein zu müssen, dessen Psyche kann dadurch mit Sicherheit tiefgreifend beeinflußt werden. Infolgedessen entwickeln viele Menschen, die dafür eine gewisse Anfälligkeit besitzen, die geistigen, emotionalen und/oder körperlichen Krankheitsbilder, die nach Bryonia verlangen.
Die sture, entschlossene, kaum schwankende Haltung, die wir oben beschrieben haben, hat ihre Parallele in der Art, wie sich die Beschwerden dieses Arzneityps entwickeln: Sie beginnen langsam und steigern sich stetig - über einen viel längeren Zeitraum hinweg als bei den meisten anderen Mitteln. Bei Bryonia brauchen akute Zustände oft mehrere Tage, bis sie voll ausgeprägt sind (ähnlich wie bei gelsemium), während der Organismus bei anderen Mitteln, etwa aconitum oder belladonna, sehr viel schneller und explosiver reagiert. Diese langsame, aber stetige Steigerung der Beschwerden, die so lange anhält, bis die Krankheit ein sehr ernsthaftes Ausmaß angenommen hat, gehört ebenfalls zu den wichtigsten Bryonia-Charakteristika und sollte niemals aus den Augen verloren werden, wenn eine Verordnung der Arznei erwogen wird.
Dem Verständnis chronischer Bryonia-Zustände wird es dienlich sein, wenn wir einen Blick auf die akuten Erkrankungen werfen, die von dieser Arznei erzeugt und geheilt werden. In schweren akuten Krankheitszuständen - die für gewöhnlich mit Fieber und Atemwegsleiden, besonders Bronchitis einhergehen - müssen Bryonia-Patienten all ihre Kräfte auf die Genesung konzentrieren und sind sich dessen auch bewußt. Sie leiden sehr (Hahnemann nennt z. B. als Kennzeichen eines "Nerven- und Spitalfiebers", das nach Bryonia verlangt, "volles, nur allzu erhöhtes Gefühl der Schmerzen"), und ihre Reizbarkeit ist enorm. Ganz und gar ausgetrocknet, mit trockenem Mund, haben sie im allgemeinen ein dauerndes Verlangen zu trinken. Der Wunsch, in Ruhe gelassen zu werden, ist hier darin begründet, daß sie der Krankheit nur unter Anspannung ihrer gesamten Lebensenergie trotzen können (bzw. davon überzeugt sind). Und so sind sie während fiebriger Zustände gleich gereizt, wenn jemand ins Zimmer kommt und mit ihnen reden oder ihnen Trost und Hilfe anbieten will. Bryonia-Patient spüren, daß in dieser Verfassung Ruhe am besten für sie ist. Da sie ihre ganze Kraft für den Kampf mit der Krankheit brauchen, ist alles, was ihnen eine Reaktion oder auch nur irgendeine Bewegung abverlangt, eine wahre Qual für sie.
Auch in chronischen, nicht krisenhaft zugespitzten Zuständen fällt es einem Bryonia-Menschen nicht leicht, bei anderen Hilfe zur Bewältigung seiner psychischen oder emotionalen Probleme zu suchen; er versucht lieber, alles mit sich allein abzumachen. Im akuten Fieberzustand wird schon die Frage: "Möchtest du eine Tasse Tee?" zu einer Verschlechterung seines Befindens führen. Der bloße Akt des Antwortens, so empfindet er es, stellt eine Vergeudung seiner Lebenskraft dar, die er doch so sehr benötigt. Typisch für solche Fälle ist es, wenn der Arzt von den Leuten, die den Patienten pflegen, Dinge zu hören bekommt wie: "Er ist sehr krank und will auf keinen Fall gestört werden." Auch dann, wenn er durstig ist (was der Normalfall ist), wirkt sich die "Störung" durch die gut gemeinte Frage nachteilig auf ihn aus. Ist der Tee aber einmal da, so trinkt er ihn meist mit großem Behagen und stillt seinen enormen Durst damit, und häufig tun ihm gerade warme Getränke gut. Dies ändert jedoch nichts an der Verschlimmerung durch den vorangegangenen Kommunikationsprozeß. Entwickelt man genügend Einfühlungsvermögen, so wird man dies auch ohne Worte wahrzunehmen lernen; und dann ist es am besten, den Tee im Krankenzimmer stehenzulassen und gleich wieder hinauszugehen. Kent rät denn auch: "Kommen Sie einem Bryonia-Patienten nicht in die Quere, es geht ihm dann nur schlechter." Der Patient empfindet es zwar selbst als unfair, Leute so zu behandeln, die echten Anteil an ihm nehmen, aber er kann nicht anders.
Der Widerwille, den Bryonia-Menschen während ihrer Krankheit gegen soziale Interaktion empfinden, ist nun zwar teilweise durch Mattigkeit und Trägheit bedingt, eine weit größere Rolle spielt jedoch die innere Reizbarkeit des Patienten und vor allem seine grundsätzliche Abneigung gegen Bewegung. Gleichgültig, ob es sich um körperliche Bewegung (bis hin zum Atmen oder zu Augenbewegungen) oder um Regungen von Gemüt oder Geist handelt (Fühlen, Sprechen, ja sogar Denken), er will sich nicht bewegen, und tut er es doch, geht es ihm schlechter. Die Verschlimmerung durch Bewegung, von der bereits die Rede war, ist das bekannteste und wichtigste Leitsymptom von Bryonia. Sie kann so ausgeprägt sein, daß eine körperliche Untersuchung unmöglich wird, weil der Patient in Ohnmacht fällt, sobald er versucht, sich im Bett aufzusetzen. Entsprechend sind auch üble Folgen von Gemütsregungen bekannt, so z. B. Beschwerden von Kränkung, Ärger oder Verdruß. Meist handelt es sich dabei um Kopfschmerzen.
Ferner prägen Ängstlichkeit, Mißmut und Verzagtheit das psychische Bild von Bryonia. Der Kranke ist leicht unzufrieden mit seinen Mitmenschen, mit sich und der Welt; oft weiß er selbst nicht recht, was er eigentlich will. Eine innere Beängstigung macht ihn unruhig und treibt ihn um; er muß die Lage wechseln oder umhergehen - und das, obwohl die Bewegung seine Leiden vermehrt. Zu den Ängsten zählen Todesfurcht und die Angst, nicht wieder gesund zu werden; so wird von einem Prüfer berichtet: "Sogar des Gedankens an den wahrscheinlich üblen Ausgang seines Unwohlseins konnte er kaum Meister werden" (Arneth, in: Österreichische Zeitschrift für Homöopathie, Band 3, 1847). Doch sein logischer und praktischer Verstand läßt es nicht zu, daß diese Ängste ihn überwältigen. Zwar vermögen Jähzorn und Reizbarkeit durchaus in heftiger Form zum Ausbruch zu kommen, die Ängste aber hat der Patient so weit unter Kontrolle, daß sie seinen Geist nicht in ihre Gewalt bringen können.
Kent faßt diesen Aspekt der Psychopathologie von Bryonia so zusammen: "Voller Furcht und Angst, Verzweiflung an der Genesung, große Verzagtheit. Ruhe wird sowohl in geistiger als auch in körperlicher Hinsicht benötigt. Der Patient will sich nicht rühren, oft verlangt er, daß das Zimmer abgedunkelt wird. Beschwerden durch Aufregung. Besucher haben beinahe immer negative Auswirkungen auf das Wohlbefinden von Bryonia-Patienten. "Mürrisch." ... Heftige, kongestive Kopfschmerzen, die ein paar Stunden nach Aufregungen oder Streitereien oder auch nach kleinen Mißverständnissen einsetzen, die er nicht bereinigen kann, werden oft von staphisagria abgedeckt - aber auch Bryonia kann in solchen Fällen angezeigt sein. staphisagria paßt auf reizbare, heftige, nervöse, erregbare Leute, die Beschwerden bekommen, nachdem sie sich aufgeregt oder in eine hitzige Auseinandersetzung hineingesteigert haben; ist es Kopfweh, was daraufhin entsteht, so kann ein solches Krankheitsbild auch nach Bryonia verlangen."

Da sieht man, wie sehr die von tippie genannte angebliche Idee des Mittels völlig am Kern der Sache vorbeigeht.

LG
Thomas

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